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Kulturtips
 
Die richtige Kultur von Erdorchideen ist in meinen Augen ein Prüfstein für viele Orchideen-Liebhaber. Richtige Kultur ist für mich erreicht, wenn die Pflanzen zwar manchmal Rückschritte, aber auch wieder Fortschritte machen und mindestens einige Jahre Blühgröße erreichen können. Das ist ein hoher Anspruch und oft leider nicht die Realität, bei anderen nicht und bei mir auch nicht immer.
 
Links: Orchis sancta, Rechts: Dactylorhiza majalis
 
Vier maßgebliche Voraussetzungen sind nach meinen Erfahrungen nötig:
  • Gesundes Ausgangsmaterial und ordentliche Pflanzenhygiene
  • Richtiges Gefühl für Bodenstrukturen und Feuchtegehalte in den Substraten
  • Genaues Beobachten der Pflanzen und richtige Interpretation
  • Richtige Umgebungsbedingungen (Standort, Kulturraum)
Hier könnte man sagen, dass das alles ja für jedes Pflanzenhobby gilt. Korrekt. Aber bei den Erdorchideen gilt es extrem und Kulturfehler werden nicht verziehen, sondern bedeuten gnadenlos den Verlust der (oft teuren) Pflanze!
 
Links: Ponerorchis graminifolia, Rechts: Ophrys sphegodes
 
Gesundes Ausgangsmaterial
 
In der Natur (meist verbotenerweise) ausgegrabene Erdorchideen sind traditionsgemäß nicht von langer Freude. Leider werden noch immer viele Erdorchideen (z.B. seltene Cypripedien sind en vogue!) ausgegraben, über lange Wege unsachgemäß transportiert bzw. gelagert und kommen schon stark beschädigt hier an. Eingefallene oder faule Knollen sind ebenfalls Zeichen unsachgemäßer Behandlung. Die Ausfallraten sind dann selbst bei erfahrenen Liebhabern hoch. Optimale gesunde Pflanzen sind bei guten Spezial-Gärtnereien, oft noch besser bei Privatpersonen, die Erdorchideen pflegen und vermehren, erhältlich. Vor allem die aus Samenanzuchten kommenden Pflanzen sind meist OK, weil nur kräftige und wüchsige Exemplare selektiert werden. Rhizome sollten sauber aussehen, ohne Faulstellen und mit gelblichen oder weißlichen, langen Wurzeln. Knollen sollten prall und weißlich bis gelblich sein, faule Stellen sind keine Qualität.
 
Links: Importpflanze, deren stark angefaulte Wurzelknollen nur mit intensiver Zuwendung (Schnitte, Fungizide, Holzkohlepulver) erhalten werden können (Altensteinia fimbriata). Rechts: Einwandfreie Erdorchideen-Knollen aus künstlicher Vermehrung (Platanthera chlorantha).
 
Erdorchideen aus gemäßigten Breiten sollte man stets in der Ruhezeit erwerben, und seriöse Anbieter weisen auch darauf hin bzw. liefern auch nur dann.
 
Gute Pflanzenhygiene heißt bei den Erdorchideen vor allem sauberes Wasser mit bekannten Nährstoffgehalten, manchmal genaue Kontrolle des pH-Wertes. Wasser sollte nicht auf den Pflanzen lange stehen, in den Blattrosetten von Knollenorchideen niemals. Falls beim Gießen einmal Wasser hineingelangt, sollte es mit einem Kleenex oder Taschentuch aufgesaugt werden.
Faule Pflanzenteile müssen unverzüglich entfernt werden, Fungizide müssen oft lokal eingesetzt werden.
 
Bodenstruktur und Feuchtegehalte
 
Die meisten Erdorchideen wachsen in nährstoffarmen, lockeren Böden, die eine krümelige oder sandige Struktur aufweisen. Lehmhaltige Böden werden ebenfalls besiedelt, aber auch dort sind es meist durch Wurzeln anderer Pflanzen sehr lufthaltige Böden. Manche Erdorchideen leben in zeitweise dauernassen Gebieten wie Mooren und Sümpfen.
 
Anfangs wurden Erdorchideen mit Standorterde verpflanzt, in der Meinung dass die optimale Struktur und Zusammensetzung gegeben sei. Meist sind diese Böden aber in Töpfen völlig ungeeignet, da sie beim Gießen zu trocken oder zu naß sind. An diesen Wechselstreß können sich Erdorchideen nicht anpassen: Ein Grund, warum sie jahrelang als nicht kultivierbar galten und vielen Arten eine lebensnotwendige Pilzabhängigkeit (Mykotrophie) nachgesagt wurde.
 
Vor etwa 20 Jahren zeigten Böden auf Basis lehmiger Sande gute Kulturerfolge und tatsächlich kenne ich heute noch exzellente Kulturen, deren Grundsubstrat sandiger Lehm ist, ggf. mit Kalk angereichert. Auch in Australien werden Sand-Lehm-Gemische für fast alle dort heimischen Erdorchideen verwendet und empfohlen.
 
Moderne Substrate verzichten auf die natürlich vorhandenen Böden und sind überwiegend aus mineralischen, körnigen Anteilen gemischt. Typische Zutaten sind Sand, Seramis, Blähton, Perlite, Vermiculite, Lavagrus, Pumice, Bims, Porenbeton. Diese Stoffe sind auch in einer gleichbleibenden Qualität erhältlich und ermöglichen so "Standardsubstrate". Organische Anteile werden sparsam beigemischt und bestehen z.B. aus Erden, Rindenhumus, Holzfasern, Holzchips, Spänen. Es gibt dabei natürlich verschiedene Mischungsverhältnisse, die etwas unterschiedliche Wasserkapazität haben. Ziel sollte sein, das Substrat in der Wachstumszeit gleichmäßig bügelfeucht bis feucht halten zu können. Selbst Orchideen von nassen Feuchtwiesen sind damit im Topf vollauf zufrieden.
 
Links: Erdorchideensubstrat mit etwa 40% Rindenhumus oder Einheitserde, geeignet für feuchteliebende, nährstofftolerante Arten (z.B. Dactylorhiza, Orchis, Ponerorchis, Pterostylis, Stenoglottis)
Rechts: Reines Mineralsubstrat (z.B. für Cypripedien, manche Ophrys, andine Erdorchideen)
 
Einige Erdorchideen haben jedoch immer Sonderwünsche. Dazu gehören solche aus sauren torfigen Mooren (z.B. Pogonia ophioglossoides, Dactylorhiza sphagnicola, Platanthera blephariglottis, Cypripedium acaule) oder die südafrikanischen "immergrünen" Disas. Hier ist eine Kultur nur mit spezifischen Substraten möglich.
 
Beobachtung der Erdorchideen
 
Es ist nicht möglich, ein Kochrezept für die Erdorchideenkultur zu machen. Das genaue Beobachten der Pflanzen im Wachstum, aber auch ggf. regelmäßige Kontrollen in der Ruhezeit sind erforderlich.
Weiche Blätter, Welkerscheinungen und plötzlich stoppendes Wachstum sind oft Zeichen, dass unterirdisch der Verfall eingesetzt hat. Rhizome oder Knollen sind dann oft schon unrettbar verloren. Faulen obrirdische Pflanzenteile, sollten schnellstens die im Boden sitzenden Organe untersucht werden. Gesunde Erdorchideen haben glatte, straffe und grüne Blätter im Wachstum.
 
Die Ruhezeiten sollten Erdorchideen an gleichmäßig temperierten Orten verbringen. So dürfen mediterrane Orchideen in der Sommerruhe im Topf nie der Sonne ausgesetzt werden, auch wenn im Süden Italiens oder Spaniens 40°C Lufttemperatur typisch sein mögen. In der Natur ist die Knolle im natürlichen Boden "eingebacken" und verliert kaum Wasser, im Topf vertrocknet sie jedoch binnen weniger Tage!
 
Gut kultivierte Erdorchideen mit gesunden Knollen, Wurzeln und Blättern
(von links nach rechts: Ophrys speculum, Habenaria radiata, Platanthera blephariglottis)
 
Standorte und Kulturräume
 
Erdorchideen können je nach ihrer Herkunft (gemäßigte oder kalte Breiten, Steppen, subtropische oder tropische Wälder, tropische Bergregionen) ganz unterschiedliche Ansprüche haben. Da unterscheiden sie sich nicht von anderen Pflanzen. Drei typische Kulturräume sind verbreitet: Garten oder Balkon/Terrasse, Zimmer, Gewächshaus.
 
Für Gärten und Außenkultur kommen bei uns nur winterharte Orchideen in Frage. Ich werde hier nicht weiter darauf eingehen, weil es viele Anleitungen für die Anlage von Orchideenbeeten oder Pflanzkübeln gibt und das Thema viele weitere Seiten allein füllen würde. Eine Warnung aber an dieser Stelle: Winterharte Erdorchideen, die in Töpfe gepflanzt sind, sollten nicht ungeschützt dem Frost ausgesetzt werden. Meist verfaulen die unterirdischen Knollen oder Rhizome unbemerkt. Leichte Fröste sind eben noch tolerierbar, aber ich empfehle eine frostfreie Überwinterung.
 
Im Zimmer sind einige Erdorchideen gut zu halten. Vor allem solche aus temperierten oder warmen Regionen können rund ums Jahr ihren Standort auf einer Fensterbank finden. Abgesehen von den tropischen Frauenschuhen (Paphiopedilum), die ja auch zu den Erdorchideen gerechnet werden, sind typische Vertreter Ludisia discolor, Macodes petola, Habenaria rhodocheila und einige Ponthieva-Arten, um auch eine seltenere Gattung zu erwähnen.
 
Kühl-temperierte Erdorchideen (hier Ponthieva-Arten und chinesische Cymbidien) gedeihen auf einer kühlen hellen Fensterbank auch gut neben epiphytischen Orchideen
 
Erdorchideen aus kalt-gemäßigten und mediterranen Breiten brauchen eine kalte Winterperiode, um gesund zu bleiben und müssen daher z.B. einer kombinierten Kultur unterzogen werden. Bei Pleione ist das Verfahren bekannt: die ruhenden Bulben werden im Herbst im Kühlschrank oder in einem kalten Raum frostfrei untergebracht. Auch einige Dactylorhiza- oder Platanthera-Arten, Ponerorchis graminifolia, Epipactis-Arten usw. können unter diesen Bedingungen erfolgreich in Wohnungen gehalten werden: Im Wachstum stehen sie an einem hellen kühlen Zimmerfenster oder im Garten, in der Ruhezeit im Kühlschrank.
 
Auch Erdorchideen aus kalt-gemäßigten Breiten finden einen Platz in Zimmerkultur (ungeheizter Dachbodenraum mit Dachfenster)
 
Bei den Erdorchideen, die Winterrosetten ausbilden, geht das allerdings nicht, weil sie im Winter hell und kühl stehen müssen. Gute Knollen werden nur bei länger andauernden Temperaturen unter ca. 8°C induziert. Für solche Arten (z.B. Orchis, Ophrys, Erdorchideen Australiens) können notfalls ungeheizte Zimmer mit Dachfenstern oder Kunstlicht herhalten (Kellerkulturen sind ebenfalls gut möglich!). Sonst werden Wintergärten oder eben Gewächshäuser in Betracht kommen, in denen ein kühl-gemäßigtes Klima eingehalten wird.
 
Problematisch können vor allem aus sehr kalten Gegenden der Welt stammende Erdorchideen sein, die Wärme schlecht vertragen. Für viele Arten aus höheren Gebirgslagen oder z.B. patagonische Orchideen sind 20°C schon Hitzestreß und die Pflanzen werden in unseren Sommern, die auch hier in Norddeutschland mal 30°C Tagestemperatur erreichen, extrem anfällig. Es hat sich bewährt, diesen Pflanzen einen kühlen Keller- oder Wohnungsraum zu geben und sie künstlich zu belichten. So können sie angemessen übersommern.
 
Ich habe für den größten Teil meiner Kulturen ein Erdgewächshaus, in dem Erdorchideen aus allen Kontinenten der Erde wachsen.
 
 
Hier wird das hellere Licht von vielen wintergrünen Arten dankbar angenommen und die Heizkosten halten sich in Grenzen, weil im Winter lediglich 2-5°C Minimumtemperatur gehalten werden müssen.