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Griechen und Römer

Inhaltsverzeichnis

  1. Erste Kontakte zwischen Griechen und Römern
  2. Der Einfluß der griechischen Kultur und Zivilisation auf Rom
  3. Römische Gegenreaktionen

Erste Kontakte zwischen Griechen und Römern

Nach Carcopino wurde „die erste <griechische> Gesandtschaft, anscheinend im Jahre 306 v. Chr., durch Demetrios Poliorketes zum Senat geschickt". [1]

Griechischer Einfluß ist schon direkt nach dem Pyrrhoskrieg anzunehmen, da er die Römer mit den Griechen Süditaliens in Berührung brachte.

Der Einfluß der griechischen Kultur und Zivilisation auf Rom

„Bei der Beurteilung des Verhältnisses Roms zum hellenistischen Osten ist vor allem das riesige zivilisatorische Gefälle zwischen Ost und West im Auge zu behalten. Rom war am Anfang dieser Epoche <264-133 v. Chr.> noch ein reiner Agrarstaat. Man liest diese fundamentale, aber für uns schwer greifbare Tatsache am besten der Entwicklung des römischen Geldwesens ab… und hat danach zu beachten, daß erst vom Jahre 269 v. Chr. an Rom überhaupt Münzen in unserem Sinne geprägt hat (Silber und Bronze) und zwar hinsichtlich des Silbers, in unmittelbarer Anlehnung an den griechischen Usus, als Zweidrachmenstücke, und daß das eigentliche römische Silbergeld mit dem Denar als Einheit (= 10 Asse; das As war die Bronzemünze) erst 187 v. Chr. eingeführt wurde. Danach mag man die Rückwirkung, weiche <sic> die intensive Berührung mit dem Hellenismus mit sich bringen mußte, ermessen. …

,Hellenisierung‘ bedeutet allerdings für Rom auch eine Begrenzung des Begriffes, indem die Rezeption der griechischen Kultur hier eben nicht soweit ging, daß Rom ausschließlich zu einer griechischen Kulturprovinz geworden wäre (wie etwa der Vordere Orient). Vor diesem Schicksal ist Rom durch seine gesellschaftliche und politische Eigenständigkeit und Übermacht bewahrt worden, welche es zwar nicht davon abhielt, die griechische Zivilisation in sich aufzunehmen, es jedoch hierbei zwang, sein eigenes lateinisches Denk- und Ausdrucksvermögen dieser Aufgabe anzupassen. …

Leider ist der in diesem Zusammenhang bedeutsame Vorgang einer ersten Intensivierung der griechisch-römischen Begegnung in der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts, wie vieles Wichtige in der antiken Geschichte, quellenmäßig nur sehr ungenügend beleuchtet. Wir wissen lediglich, daß Polybios und der Kreis des Scipio Aemilianus hierbei eine große Rolle gespielt haben.“   [2]

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass am Anfang der römischen Literatur Übersetzungen aus dem Griechischen durch Livius Andronicus stehen.

„Eine pathologische Begleiterscheinung der Übernahme der griechischen Kultur durch die Römer“ war der Kunstraub: „Die römische Aristokratie der späten Republik war versessen auf Kunstwerke aus Griechenlands großer Zeit; es wurde geradezu Mode kleine Museen zusammenzubringen.“ [3]

Livius Andronicus

Bei Livius Andronicus handelt es sich womöglich um einen Griechen, der während des Pyrrhoskrieges in Tarent gefangen genommen worden war.

Er war grammaticus und schuf für den Schulunterricht eine Übersetzung der „Odyssee“, weil es für die Lektüre von Literaturwerken an lateinischen Texten fehlte.

„Livius Andronicus handelte nicht allein aus künstlerischen Impulsen. Er vermochte nur zu wirken, weil damals die römischen Aristokraten – zumindest einige von ihnen – darauf erpicht waren, zwei Errungenschaften der griechischen Zivilisation in Rom einzuführen: die Schule und das Theater.“ [4]

Römische Gegenreaktionen

Cato der Ältere lehnte den griechischen Einfluß ab. So drang er 155 v. Chr. auf eine schnelle Verabschiedung der Philosophengesandtschaft „zum Schutz der römischen Jugend vor den Einwirkungen der griechischen Philosophie“ [5]. Dies hinderte ihn aber nicht, noch in hohem Alter Griechisch zu lernen. [6]

„… old Cato … termed the Greeks nequissimum et indocile genus, saying quandoque ista gens suas litteras dabit, omnia corrumpet (Pliny, NH 29.14).“ [7]

Diese Einstellung scheint durchaus verbreitet gewesen zu sein: „,Unsere Leute‘, soll der Großvater Cicero bemerkt haben, ,sind wie die syrischen Sklaven: je besser sie Griechisch können, desto weniger taugen sie‘.“ [8]

Die Ablehnung des Griechischen wird auch an Folgendem deutlich: „Daß er <sc. Cicero>, als er schon Senatsmitglied war, vor dem Stadtrat von Syrakus in Sizilien erschien und eine griechische Rede hielt … <fand> der adelige Clan der Meteller … geradezu kriminell: indignum facinus.“ [9]

„Selbst Cicero tarnte … noch in vielen seiner politischen Reden seine umfassende Kenntnis der griechischen Kultur und seine Freude an griechischen Kunstwerken mit angeblichem Unverständnis und mangelndem Kunstverstand. [10] … Die gegenteilige Haltung beobachten wir in den Briefen Ciceros, z. B. ad Att. 1,15,1 (et praeter ceteros philélleenes et sumus et habemur), ad Quint. fr. 1,1,28 und später immer häufiger … Aber trotz seiner Zurückhaltung in den öffentlichen Reden entging Cicero nicht dem Vorwurf, ein Graeculus genannt zu werden (Plut. Cic. 5; Dio Cass. 46,18,1; Sall. in Cic. 2,3).“ [11]

Neben der Bezeichnung Graeculi („die Griechlein“) drückte sich die Ablehnung, ja Verachtung des Griechischen auch im Ausdruck pergraecari („eine Nacht durchgriechen“, d. h. „eine Nacht durchzechen“ – Plautus Mostellaria) aus. In De Republica I 5 spricht Cicero von der levitas Atheniensium (der „Leichtfertigkeit der Athener“), in Pro Flacco 57 von der levitas propria Graecorum (der „eigentümlichen Leichtfertigkeit der Griechen“).

Das Motiv für die Ablehnung des griechischen Einflusses könnte in folgendem Zitat genannt sein: „Die nähere Berührung mit den Griechen bringt zunächst Komfort in jedem Sinne. Der bäuerlich-patriarchalische Lebensstil Altroms wird aufgelockert, die Schranken der Vätersitte fallen: die vornehme Jugend lernt von den Graeculi den Lebensgenuß und sein Raffinement.“ [12]

Luxusgesetze

Die Luxusgesetze dienten dazu, die Homogenität der Führungsschicht zu sichern. Sie richteten sich „gegen die Verfeinerung des privaten Lebensstils, der besonders unter dem Einfluß östlicher Lebenskultur zum Teil groteske Formen angenommen hatte. Es gab schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. zahlreiche solcher Gesetze gegen den Luxus bzw. gegen den Aufwand, wie die Römer sagten (leges sumptuariae), die ebenso drastisch wie wirkungslos waren. Es wurde beinahe alles reglementiert, was zum privaten Lebensstil gehörte, etwa wieviel Pfund silbernen Tafelgeschirrs jemand haben, wie viele Personen er zu Gastmählern einladen durfte, was der einzelne sich an Festen schenken lassen bzw. selbst verschenken konnte, welche Luxusgegenstände Frauen besitzen und mit welchen Farben man welche Stoffe färben durfte, wer, wann und wo einen Reisewagen benutzen konnte usw., usw. Das alles hat natürlich wenig genützt. [13] Der einzige Erfolg war eine große Heuchelei, aber selbst dazu ließen sich die meisten nicht herab. Es kam soweit, daß diejenigen, die die Einfachheit predigten, belächelt und Witze über diejenigen gemacht wurden, die tatsächlich noch in einfacher Weise lebten.“ [14]

Anmerkungen

1) Jérôme Carcopino „Rom“, 3. Aufl., Stuttgart 1986, S. 210. In einer Anmerkung dazu heißt es (S. 386): „Außer einer Gesandtschaft, die aber wahrscheinlich von der Alexander-Annalistik erfunden ist, haben die Griechen vor den Siegen des Demetrios Poliorketes niemand nach Rom geschickt (Strabo V,2,5).“
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2) Alfred Heuß „Römische Geschichte“, 5. Aufl., Braunschweig 1983, S. 555-556
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3) Beide Zitate aus: Manfred Fuhrmann „Cicero und die römische Republik“, 2. Aufl., München und Zürich 1994, S. 70-71.
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4) Manfred Fuhrmann „Die römische Literatur“, in: ders. [Hrsg.] „Römische Literatur“ Frankfurt am Main 1974, S. 12
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5) Siegfried Lauffer „Daten der griechischen und römischen Geschichte“, München 1987, S. 223
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6) In seiner Schrift „Cato Maior De Senectute“ lässt Cicero I 26 Cato sagen: … litteras Graecas senex didici; quas quidem sic avide adripui quasi diuturnam sitim explere cupiens („… die griechische Literatur habe ich als Greis gelernt; und diese habe ich mir jedenfalls so begierig angeeignet, als wenn ich einen langwährenden Durst stillen wollte“).
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7) Aus: „P. Vergili Maronis Aeneidos Liber Sextus With A Commentary By R. G. Austin“ Oxford 1977, S. 261.

nequissimum et indocile genus heißt auf Deutsch soviel wie „ein überaus nichtswürdiges und unbelehrbares Geschlecht“ und quandoque ista gens suas litteras dabit, omnia corrumpet etwa „sobald nur jenes Geschlecht seine Literatur geben wird, wird es alles verderben".
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8) Manfred Fuhrmann „Die römische Literatur“, in: ders. [Hrsg.] „Römische Literatur“, Frankfurt am Main 1974, S. 17. Die Stelle findet sich in De oratore II 265: nostros homines similes esse Syrorum venalium: ut quisque optime Graece sciret, ita esse nequissimum.
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9) Christian Habicht „Cicero der Politiker“, München 1990, S. 15; er verweist auf Cicero, Verr. 2,4,147. In einer Anmerkung auf S. 123 heißt es weiter: „Unangemessen war, daß er überhaupt in einem Gemeinderat einer untertänigen Gemeinde sprach; daß er es auf Griechisch tat, war ,gänzlich unerträglich‘, id ferri nullo modo posse.“
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10) Anmerkung Burck (s. u.): „Cicero, in Verr. II 2,87; II 4,4-5; 13; 39; 94; 124; 132-134; pro Mur. 61.“
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11) Erich Burck „Vom Sinn des Otium im alten Rom“, in: Hans Oppermann [Hrsg.] „Römische Wertbegriffe“, Darmstadt 1983, S. 504-505

et praeter ceteros philélleenes et sumus et habemur bedeutet etwa „und mehr als die übrigen sind wir Griechenfreunde und werden wir auch dafür gehalten".
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12) Richard Harder „Die Einbürgerung der Philosophie in Rom“, in: Karl Büchner [Hrsg.] „Das neue Cicerobild“, Darmstadt 1971, S. 14
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13) Dies musste auch Caesar erfahren: „Die Hebung der reichen Stände versuchte er als praefectus moribus durch ein Luxusgesetz, das die Verwendung von Sänften, Purpurgewändern und Perlen einschränkte und auch genaue Vorschriften gab über zulässige Speisen und Grabdenkmäler. Obwohl Lictoren und Soldaten seine Beobachtung erzwingen sollten, ließ es sich nicht durchführen, wie er selbst nach einiger Zeit zugab.“ (Matthias Gelzer „Caesar“, 6. Aufl., Wiesbaden 1983, S. 267)
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14) Jochen Bleicken „Die Verfassung der Römischen Republik“, 3. Aufl., Paderborn 1982, S. 57
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