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Die Sklaven

Inhaltsverzeichnis

  1. Sklaverei als Institution
  2. Die Beschaffung von Sklaven
  3. Die Schuldknechtschaft
  4. War Rom eine Sklavenhaltergesellschaft?
  5. War Spartacus ein Sozialrevolutionär?

Sklaverei als Institution

„Die Sklaverei ist eine in allen antiken Kulturen bestehende Einrichtung, durch die über Menschen in totaler, d. h. den menschlichen Willen ausschließender Weise verfügt wird. Sie ist darin begründet, daß wegen des Fehlens eines ethisch untermauerten Völkerrechts über Kriegsgefangene wie über eine Sachbeute verfügt wird; steht nicht unmittelbar nach dem Kampf eine Person bereit, die den Gefangenen auslöst, verfällt er der Verfügungsgewalt des Siegers.

Der Sklave ist in Rom seinem rechtlichen Status nach eine Sache (res), nicht Person (persona). Die Behandlung des Sklaven als eine Sache findet sich auch in anderen antiken und jüngeren Kulturbereichen, doch ist sie in Rom besonders scharf durchgebildet worden. Die kompromißlose Art, in der hier die menschliche Natur des Sklaven geleugnet wird, geht auf die Juristen zurück; vom formal-juristischen Standpunkt aus ist die Fiktion, daß der Sklave Sache sei, auch die der tatsächlichen Behandlung angemessene Form, denn der Sklave wird wie eine Ware gekauft und verkauft. In der Behandlung der Sklaven waren die Römer darum nicht grausamer als andere Völker, allenfalls auf der juristischen Ebene ehrlicher und klarer.

Die Verfügungsgewalt des Herrn (dominus) über den Sklaven entsprach demgemäß der über Sachen; doch nannte sie sich, wie die Gewalt des Hausvaters über die freien Hausangehörigen, potestas, worin die Erinnerung an den Tatbestand wachgehalten wurde, daß der Sklave seinem natürlichen Status nach ein Mensch ist.“ [1]

Die Beschaffung von Sklaven

„Um das hohe Volumen der Sklavenarbeit kontinuierlich sichern zu können, reichte die schubartige Zufuhr von Kriegsgefangenen (z. B. 209 v. Chr. 30.000 aus Tarent, 167 v. Chr. 150.000 aus Epirus, 146 v. Chr. 50.000 aus Karthago, um nur einige Beispiele zu nennen) bald nicht mehr aus, es bildeten sich regelrechte Sklavenmärkte, wie etwa in Delos, das über Einrichtungen verfügte, die einen täglichen Verkauf von ca. 10.000 Sklaven möglich machten. Gleichzeitig nahm auch die Zahl der von den Sklavenbesitzern aufgezogenen Sklavenkinder zu.“ [2]

Siehe auch Aristoteles „Politik", I 8 (1256b22-26): „Deshalb wird wohl auch die Kriegskunst von Natur aus eine Erwerbkunst <sic> sein – denn auch die Jagdkunst ist ein Teil von ihr –, die man im Hinblick auf die wilden Tiere zu verwenden hat und gegen diese Menschen, die zwar von Natur dazu da sind, beherrscht zu werden, dazu aber nicht willens sind. Und doch ist dieser Krieg ein von Natur aus gerechter.“ [3]

Die Schuldknechtschaft

„Für die Epoche des Zwölftafelrechts ist daneben das Rechtsinstitut des nexum, der ,Fesselung‘, charakteristisch, bei dem sich der Schuldner seinem Gläubiger soweit auslieferte, daß er der Schuldknechtschaft verfiel, wenn er seine Schuld innerhalb der gesetzten Frist nicht einlösen konnte. Das Institut blieb solange in Kraft, bis die lex Poetelia Papiria de nexis des Jahres 326 v. Chr., eines der wichtigsten Gesetze des römischen Ständekampfes, diese Form der Schuldknechtschaft unterband.“ [4]

Römische Bürger scheinen in den Anfängen der römischen Republik nicht als Sklaven verwendet worden zu sein. Laut Christ wurden in Schuldknechtschaft geratene Bürger trans Tiberim verkauft; als Grund führt er an, daß es damals keinen Bedarf für Sklaven gab: „In den Kleinbetrieben der freien Grundbesitzer konnten die anfallenden Arbeiten unschwer durch die Mitglieder der familia, in den größeren des Patriziats durch die, zu entsprechenden Dienstleistungen verpflichteten Klienten bewältigt werden.“ [5]

War Rom eine Sklavenhaltergesellschaft?

„Es ist … verkehrt, die Gruppe der Sklaven zu einem besonderen Faktor der Gesellschaftsordnung, insbesondere der Wirtschaftsordnung zu machen. … die Sklaven <sind> keine in sich selbst ruhende Gruppe der Sozial- und Wirtschaftsordnung. Ein großer Teil der Freien stand mit ihnen sozial auf einer Stufe … verrichtete dieselbe Arbeit wie sie und hatte faktisch genau dieselben Rechte …; viele Sklaven standen umgekehrt auf sehr viel höherer sozialer Stufe, von der sie auf die freien Bauern und Handwerker mit Verachtung herabsahen, und sehr viele konnten sich in dem Institut der Sklaverei auch sozial gesicherter sehen als viele Freie.“ [6]

War Spartacus ein Sozialrevolutionär?

„Bei Betrachtung der antiken Sklaverei haben wir uns stets zu vergegenwärtigen, daß die Sklaven keine nach Stammes- bzw. Sprachzugehörigkeit, nach Religionsausübung oder nach ihrem sozialen Status einheitlichen Gruppen darstellten. Die Sklaven entstammten den verschiedensten Sprachfamilien und Kulturgemeinschaften. In der Kaiserzeit waren Iberer, Germanen und Kelten unter ihnen ebenso zahlreich wie Syrer, Berber, Thraker und Griechen; auch Negersklaven, die Sklavenhändler in den Mittelmeerraum brachten, wurden gehandelt. Es gab nichts, was alle diese Personen miteinander verbunden hätte. … Es gab unter den Sklaven nicht einmal eine durch die allen gemeinsame erbarmungswürdige Lage verursachte Einigkeit der Gefühle im Hinblick auf das eigene Elend. … Die Gedanken der Sklaven waren grundsätzlich nicht auf eine Befreiung ihrer Lage <sic> durch Solidarisierung der Sklavenschaft gerichtet. Wenn sie überhaupt etwas wollten (da es die Gruppe der Sklaven nicht gab, sagt man besser: wenn ein Sklave etwas wollte), dann wünschte sie/er sich, in der Situation derjenigen zu sein, deren Sklave er war. … Auch die Sklavenmassen, mit denen Spartacus zog, hatten nur den Wunsch, aus der Welt der Sklaverei in eine andere, nämlich die ihrer ehemaligen Freiheit zu fliehen; sie strebten darum aus dem Römischen Reich fort (nach Norden). Spartacus war kein Sozialrevolutionär … Es ist bezeichnend, daß es Sklavenaufstände nach dem Muster des reinen Ausbruchsversuchs unter Spartacus in diesem Umfang nur einmal und sogar in kleinerem Maßstab äußerst selten gegeben hat.“ [7]

Anmerkungen

1) Jochen Bleicken „Verfassungs- und Sozialgeschichte des Römischen Kaiserreiches“ Bd. I, 2., verb. Aufl., Paderborn 1981, S. 332-333
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2) Karl Christ „Die Römer“, München 1979, S. 48
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3) Reclam-Übersetzung von Franz F. Schwarz, Stuttgart 1989

Zur Seeräuberei als Mittel der Sklavenbeschaffung siehe hier.
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4) Christ, a. a. O., S. 125
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5) Christ, a. a. O., S. 47
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6) Bleicken, a. a. O., S. 338-339
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7) Bleicken, a. a. O., S. 337-338
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URI dieser Seite: <http://www.ewetel.net/~martin.bode/Sklaven.htm>, zuletzt geändert: 10.08.99

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