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Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft


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am: 28.07.2017

Leitung:
Dr. Paul Weßels

Webmaster
H.-Jürgen Adams


 

 

Protokoll des Treffens der Arbeitsgruppe der Ortschronisten vom 13.04.2007 im Emder Landesmuseum

24 Teilnehmer

Referent: Dr. Wolfgang Jahn, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Emder Landesmuseums.

Prot.: Dr. P. Weßels

 

Dr. Wolfgang Jahn: Das Ostfriesische Landesmuseum Emden

Das Ostfriesische Landesmuseum Emden kann als älteste museale Einrichtung Ostfrieslands gelten. Sie wird von zwei Institutionen getragen. Zunächst von der 1820 gegründeten Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer e.V. (kurz: Emder Kunst) Sammlung das Museum beherbergt, und der Stadt Emden, aus deren Besitz insbesondere die Rüstkammer präsentiert wird. Das Museum befindet sich im Emder Rathaus am Delft, das, entworfen von dem Bremer Architekt Bernhard Wessel, auf den Fundamenten des am 6. September 1944 zerstörten Renaissance-Rathauses in den Jahren 1959 bis 1962 in architektonischer Anlehnung an den Vorgängerbau wieder errichtet wurde. Ursprünglich war der Neubau als multifunktionales Gebäude vorgesehen: es sollte Stadtarchiv, Bildstelle, Museum und Standesamt beherbergen.. Am Schluss blieb nur das Museum übrig. Das Haus wird geleitet von einer gemeinsamen Direktion gebildet aus Vertretern der Emder Kunst und der Stadt Emden mit jährlich wechselndem Vorsitz. Museumsleiter ist Dr, Friedrich Scheele. Zum festen Mitarbeiterbestand zählen vier wissenschaftliche Mitarbeiter, ein Museumspädagoge, drei Techniker und 16 Aufsichtspersonen in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen. Außerdem besteht ein international besetzter wissenschaftlicher Beirat, der vor allem für die Neukonzeption des Hauses von großer Bedeutung war. 2003 bis 2005 war das Haus geschlossen, weil eine Neugestaltung der Ausstellung überfällig war. Spätestens seit 1990er Jahren war das Haus räumlich an seine Grenzen gestoßen und eine modernen Ansprüchen genügende Präsentation war unmöglich. Das Magazin befand sich mit seinen 35.000 Objekten im Keller des Gebäudes. Durch ein Außenmagazin in Borssum konnte das Museum entlastet werden. Neben unvollständigen Verzeichnissen der Gemälde und der graphischen Sammlung lagen Objektverzeichnisse nur für die Münzen und die Rüstkammer vor. 1998 begann man mit der systematischen und vollständigen wissenschaftlichen Erfassung der Bestände, wobei man zwar auf Eingangsbücher und bereits erstellte Verzeichnisse zurückgreifen konnte, aber große Lücken durch andere Quellen, z.B. das Studium der Protokolle der Emder Kunst, ergänzt werden mussten. Hilfestellung bei der Erfassung der Objekte gab das Projekt „Musealog“, das von verschiedenen Trägern, darunter auch das Emder Landemuseum, ins Leben gerufen wurde, um die Qualifizierung von arbeitslosen Kunsthistoriker/innen, Historiker/innen, Volkskundler/innen und Wissenschaftler/innen im Museumsbereich voranzutreiben. Ab 2001 begannen die Planungen für die Neugestaltung des Museums. Es wurde ein internationaler Wettbewerb unter Architekten und Museumsfachleuten ausgeschrieben. In den Planungen war man ursprünglich von einem Budget von 7,5 Millionen DM ausgegangen, die Umbaukosten beliefen sich letztlich auf 8,9 Millionen €. Die Hälfte dieses Betrages hat die Stadt Emden aufgebracht. Die Neugestaltung des Ostfriesischen Landesmuseums in den Jahren 2003/05 erfolgte durch das Architektenbüro Ahrens-Greabenhorst (Hannover) und das Gestaltungsbüro Iglhaut und Partner (Berlin) in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Team des Hauses, das auch für die inhaltliche Neugestaltung verantwortlich war. Die Bewertung der Bestände hatte ergeben, dass sich das Haus selbst zu sehr als Heimatmuseum der Stadt Emden darstellte. Die neue Ausrichtung berücksichtigt vor allem die überregionale Dimension der Sammlung macht das Museum zu einem europäischen Regionalmuseum vor dem Hintergrund der Emder und der ostfriesischen Geschichte. Die Museumspädagogik wurde neu belebt, zunächst nur mit Angeboten für Kinder und Jugendliche, Angebote für Erwachsen sollen folgen. Es gibt keine hauseigene Dienstbibliothek, sondern nur einen Handapparat. Die Bibliothek der Emder Kunst musste mangels eines Bibliothekars deshalb als Depositum in der Johannes a Lasco-Bibliothek untergebracht werden. In der Datenbank des Hauses sind heute 25 % der Objekte vollständig, d.h. wissenschaftlichen Kriterien entsprechend dokumentiert, weitere 50 % sind mit ihren Formalangaben und einem digitalen Arbeitsfoto erfasst. Das Museum beteiligt sich an der momentanen Zertifizierungsaktion für Museen in Niedersachsen, hat ein Leitbild und ein Sammlungskonzept erstellt und versteht sich als das ostfriesische Leitmuseum. Ziel ist es, das Museum zu einem Zentrum für wissenschaftlichen Austausch in der Region und über Ostfriesland hinaus zu machen. Das Haus ist nicht Mitglied des Museumsverbundes der Ostfriesischen Landschaft, sucht aber die enge Zusammenarbeit mit der Landschaft.

Es gab im Großen und Ganzen sehr positive Reaktionen auf den Umbau. Die Besucherzahlen, die früher bei 62.000 bis 64.000 jährlich lagen, sind auf 85.000 gestiegen. Zielmarke sind hier jährlich 100.000 Besucher.

Bisweilen wurde dem Museum der Vorwurf gemacht, es sei „kalt“ geworden. Das liegt teilweise an unumgänglichen Umbaumaßnahmen (Einbau eines Fahrstuhls, Verzicht auf das Tonnengewölbe über der Rüstkammer zugunsten einer guten Isolierung etc.). Ein anderer Grund ist der Verzicht z:B. auf die Ausstellung ostfriesischer Wohnkultur in diesem Gebäude. Die beiden Pelzerhäuser, die zur Zeit noch nicht dafür zur Verfügung stehen, sollen als Teil des Museums diesen Aspekt der ostfriesischen Kulturgeschichte dokumentieren. Das Landesmuseum soll mit der Emder Kunsthalle und der Johannes a Lasco-Bibliothek einen kulturellen Dreiklang bilden. Längerfristig soll es auch eine Emder Museumsmeile geben, in die das Bunkermuseum, die Pelzerhäuser, die Museumsschiffe und die beiden großen Emder Museen einbezogen werden.

An den Kurzvortrag von Dr. Jahn schloss sich ein Rundgang durch die Ausstellung an, die mit etwa 3500 Objekten bestückt ist:

Abteilung der Ur- und Frühgeschichte (Besiedlungsgeschichte Ostfrieslands, Geschichte  des Deichbaus, frühmittelalterliche Moorleiche von Bernuthsfeld)

Gemäldesammlung mit dem Schwerpunkt auf niederländischen Gemälde des 17. Jahrhunderts

Graphisches Kabinett (ostfriesische Stadtansichten und Stadtpläne, ostfriesische Land- und Seekarten, Drucke und Zeichnungen von regionalen Graphikern, Arbeiten von Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts, etc.)

Skulptursammlung (Haussteine und andere Bauskulptur, Bronzegusswerke, kirchlichen Kunstwerke, Emder Grabplatten des 16. bis 19. Jh.)

Silberabteilung (ostfriesische, insb. Emder Gold- und Silberschmiedekunst vom 17. bis zum 19.  Jahrhundert, Silberschatz der Stadt Emden)

Münzkabinett mit fast 4.000 Münzen und Prägestempeln etc.,

Delfter Teegeschirr des 18./19. Jh.

Sammlung von Schiffsmodellen

Städtische Rüstkammer als größte stadteigene Waffensammlung in der Bundesrepublik Deutschland

Für die Bearbeitung regionalgeschichtlicher Themen könnte vor allem die große Kartensammlung des Museums von Interesse sein, die vollständig erfasst ist. Das Museum wünscht sich seinerseits Unterstützung beim Auffinden historischer Filme.

 

Literatur: Friedrich Scheele (Hg.), Ostfriesisches Landesmuseum Emden. Altes Rathaus im neuen Gewand, (Veröffentlichung des Ostfriesischen Landesmuseums Emden, Heft 21), Emden 2007, 9,80 EUR.