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Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft


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Letzte Aktualisierung
am: 28.07.2017

Leitung:
Dr. Paul Weßels

Webmaster
H.-Jürgen Adams


 

 

Protokoll des Treffens der Arbeitsgruppe der Chronisten am 01.06.2002 in Bremen-Farge

Aus Anlass des 10jährigen Bestehens der AG Chronisten der Ostfriesischen Landschaft wurde eine Tagesfahrt unternommen. Ziel war die  U-Boot-Bunkerwerft Valentin, in Bremen Farge.

Referent: Heiko Kania

Der Tag unterteilte sich in zwei Führungen. Zunächst gab es von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr einen einführenden Vortrag und eine Führung durch den Bunker  „Valentin“. Nach einer Mittagspause wurde erfolgte von 13.00 –16.00 Uhr eine Führung über das weitläufige ehemalige Lagergelände. Beide Führungen wurden sehr kompetent von Herrn Kania unter dem Leitsatz „Zwangsarbeit ist Vernichtung durch  Arbeit“ durchgeführt. Herr Kania ist Hauptmann der Bundeswehr (Personaloffizier) und hatte 1995 den dienstlichen Auftrag, sich mit der Zwangsarbeit im Rahmen des Bunkerbaus in Bremen-Varge auseinander zusetzen. Seitdem engagiert sich Herr  Kania auch außerdienstlich in diesem Themenbereich und ist Mitbegründer des Vereins „Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e.V.“ (Kontakt: Email: rdb@vossnet.de; Telefon: Anke Lübsen (Tel  0421/683166) oder per Terminvereinbarung (Montag - Donnerstag 12:00-13:00 Uhr) bei Herrn Christochowitz unter :0421/921960 bzw. Fax 0421/921966)

TOP 1: Nach dem Krieg wurde das Bauwerk kurzzeitig als Übungsziel für Bombenabwürfe der  Briten benutzt - von 87 Bomben und Luftminen durchschlugen aber nur zwölf die Decke des Bunkers. Eine Sprengung kam aus Kostengründen nicht in Frage. Nach verschiedensten, mehr oder minder abstrusen Plänen wurde der vordere Teil des  Bunkers Anfang der sechziger Jahre ausgebaut und ein Marinematerialdepot der Bundeswehr eingerichtet. Die Funktion als Depot der Bundesmarine erfüllt "Valentin" auch heute noch. Im hinteren, normalerweise ebenfalls gesperrten  Gebäudeteil, finden manchmal Theateraufführungen und von Zeit zu Zeit auch Führungen statt. Nähere Info bei der Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e.V. durch Anke Lübsen (Tel 0421/683166)  oder per Terminvereinbarung (Montag - Donnerstag 12:00-13:00 Uhr) bei Herrn Christochowitz unter :0421/921960 bzw. Fax 0421/921966

Im II. Weltkrieg ist die Verbunkerung der U-Boot-Stützpunkte rechtzeitig und großzügig geplant und  durchgeführt worden. 1940 war auf Helgoland ein U-Boot-Bunker errichtet worden, weitere Bunker in Hamburg und Kiel die als U-Boot-Unterstände dienten. Im Rahmen des Flotten-Bauprogramms 1943 für das befohlene „Hochziehen“ der  U-Boot-Produktion und zur Herstellung des neuen, leistungsfähigeren U-Boot-Typs XXI im Serienbau. Dazu entschloss man sich, bei Bremen-Farge an der Weser (Projekt "VALENTIN") und bei Weder an der Elbe (Projekt "WENZEL")  jeweils eine größere Bunkerwerft zu errichten. Während in Hamburg die Bauarbeiten bald eingestellt wurden, begannen Anfang 1943 die Erdarbeiten in Farge. Ende Juli 1943 wurde die beschleunigte Fertigstellung der Bunkerwerft in Farge  angeordnet. Im Oktober 1943 begann die Betonierung der Fundamente. Innerhalb eines Jahres sollte die Bunkerwerft fertig sein. Der Ablieferungsplan von "VALENTIN" sah vor, dass 1944 12 U-Boote, 1945 66 U-Boote und danach monatlich  je 12 U-Boote – also alle 2 ½ Tage eine Boot – fertiggestellt werden sollten. Dafür sollten hier die großen und komplizierte Schiffe in einer Halle erstmalig im Taktverfahren montiert werden, das zu einer erheblichen Verkürzung der  Herstellungszeit führen sollte. Die Ausmaße des auch „achten Weltwunders“ bezeichneten Bunkers sind gigantisch: bei einer Grundfläche von 36.000 qm hat der Bunker eine Länge 426 m, Breite 67 bis 97 m, Höhe außen22,5 bis 25, m, Höhe innen  18 m. Die Stärke der Außenwände betrug in der ersten Ausbaustufe 4,5 m, die der Decken in der ersten  Ausbaustufe 4,50 m, in der zweiten  Ausbaustufe 7,50 m. Das Gesamtgewicht betrag ca. 1 Mio. Tonnen, davon allein an Baustahl  ca. 20.000 Tonnen, Kies und Sand ca. 850.000 Tonnen und Zement 126.000 Tonnen. Der tatsächlich verbaute Beton betrug ca. 420.000 Kubikmeter. Die Baukosten beliefen sich auf ca. 120 Millionen RM. Bis zu 3.500 Gefangene und Fremdarbeiter  waren am Bau des Bunkers beschäftigt. Der Bunker wurde jedoch niemals fertiggestellt. Für die Ausführung dieses gigantischen Bauvorhabens wurde in erster Linie die Firma Wayss & Freitag beauftragt. Die Bauberatung und die konstruktiven  Grundlagen übernahm die Firma Agatz & Bock. Die betriebliche Betreuung des Montagebunkers "VALENTIN" war der Bremer VULKAN-Werft in Vegesack übergeben worden. Die Fertigstellung dieses Riesenbunkers verzögerte sich, es wurde  aber noch bis zum Mai 1945 an dem Objekt gearbeitet. Der erste Angriff auf das zu 90 % fertiggestellte Bauwerk erfolgte am 27. März 1945 durch einen britischen Spezialverband der sehr schwere Bomben abwarf. Zwei Grand-Slam-Bomben trafen  die Bunkerdecke an einer Stelle, die noch die unverstärkte Dicke von 4,5 m hatte und die Decke wurde durchbrochen. Ein folgender Angriff amerikanischer Bomber am 30.3.1945 hatte keine weiteren Schäden am Bunker bewirkt, es kam jedoch zu  erheblichen Verwüstungen auf der Großbaustelle.

Nach der Kapitulation erprobten die Alliierten bis 1952 an dem Betonklotz ihre Bomben beizukommen. Von 87 Treffern durchschlugen zwölf Bomben und Luftminen schwersten Kalibers die  Bunkerdecke. Nach dem Kriege war die totale Sprengung der Bauruine nicht durchführbar. Der U-Boot-Bunker wurde völlig ausgeschlachtet. 1963 wurde entschieden, den Bunker für ca. 1,5 Millionen DM teilweise als Materialdepot für die  Bundesmarine auszubauen. Der zu ca. einem Drittel ausgebaute Bunker bietet ca. 11.000 qm Lagerfläche.


TOP 2: Die Arbeitslager in Bremen-Varge an der Lagerstraße.

1983 wurde ein Mahnmal vor dem Bunker eingeweiht, das an  die Qualen der Häftlinge erinnert. Seitdem – und verstärkt in den neunziger Jahren – hat auch eine Aufarbeitung der mit Geschichte des Bunker verbundenen Zwangsarbeit begonnen.

Seit 1940 wurden in der Umgebung des Bunkers acht Lager  für Soldaten, Facharbeiter und Zwangsarbeiter auf dem Gelände und in der Nähe eines benachbarten Treibstoffdepots eingerichtet, ab März 1942 auch für zwangsverpflichtete Ausländer. An wichtigen Punkten des heute mit Gebüsch und Heide  bestandenen Geländes wurden durch den Verein Gedenksteine und Gedenktafeln aufgestellt, die zu einem „Geschichtslehrpfad Lagerstraße“ zusammengefasst werden. Außerdem steht der Verein in Verhandlung mit der Bundeswehr zum Erwerb einer 1944  in diesem Lagersystem errichteten Baracke, um dort eine dauerhafte Erinnerungs- und Begegnungsstätte einzurichten.

Herr Kania führte die Arbeitsgruppe vom Bunker aus über die Lagerstraße an verschiedene Punkte des Lagersystems.

-Das Arbeitserziehungslager Farge ist bereits 1940 entstanden, allerdings zog es mehrmals um. Ab 1944 standen fünf Baracken zur Verfügung, die mit durchschnittlich 600 Insassen belegt waren.

-Am Südostrand der Behältergruppe I  entstanden ab 1944 Massengräber für die Opfer der KZ-Außenlager und des AEL.

-Ab August 1943 entstand das Außenlager Bremen-Farge des KZ Neuengamme. Die Insassen wurden in einem fertiggestellten Treibstoffbunker untergebracht Auf  dem Dach des Bunkers wurden Baracken für Verwaltung, Krankenrevier und Küche sowie später für weitere Häftlinge errichtet.

-Auf dem Gelände der Bahrsplate, ca. 7 km weseraufwärts, bereits 1941/42 ist auf dem Gelände ein Lager für  Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter mit ca. 10 Baracken eingerichtet worden. Am 1. September 1944 wandelte man einen Teil des Lagers zum "Außenlager Bahrsplate" des KZ Neuengamme um. Ein Teil der Häftlinge wurde beim Bau des  Bunkers Valentin eingesetzt, andere in anderen Betriebe in Bremen-Nord beschäftigt.

 

Das ehemalige OT-Lager Schwanewede-Heidkamp I und II – Mitte 1943 errichtet – wurde nicht mehr besichtigt. Es bestand aus 54  Beton-Fertigbau-Baracken, in 27 davon waren ca. 4500 Mann untergebracht. Dabei handelte es sich um Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus den westlichen Ländern und aus der Sowjetunion.

Weitere Information zum Bunker „Valentin“:

Adresse: http://privat.schlund.de/G/Geschichtslehrpfad_Lagerstrasse/BunkerValentin.html

Information zu den Lagern:

http://home.t-online.de/home/m.tegge/relikte/farge/lager/index.htm

 

Literatur:

Rainer Christochowitz, U- Boot Bunkerwerft „Valentin“, Bremen 2000 (Preis: EUR 7,80)

Dieter Schmidt, Fabian Becker, Bunker "Valentin" - Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit Bremen-Farge 1943-1945, Bremen 1996 (vergriffen)