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Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft


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Letzte Aktualisierung
am: 28.07.2017

Leitung:
Dr. Paul Weßels

Webmaster
H.-Jürgen Adams


 

 

Protokoll des Treffens am 18.02.05 im alten Lesesaal der Landschaftsbibliothek Aurich

Die Brennerei Doornkaat, Norddeichradio

Anwesend: 20 Mitglieder

Referent: Dr. Gerhard Canzler

Protokoll: Dr. P. Weßels

TOP 1: Verschiedenes.

An die anwesenden Mitarbeiter des HOO wurden Handreichungen für die Erarbeitung der Ortsartikel verteilt.

Es wurde auf die weiteren Termine hingewiesen:

  • 15. April 2005 Besichtigung des Schöpfwerks in Großsoltborg unter der Leitung von Herrn Borde
  • 6. Mai 2005  Bericht von Herrn Nassua über die Befreiung Aurichs 1945
  • 3. Juni 2005 Vorstellung des Flüchtlingsbuches von Dr. Parisiu
  • Ende Juni 2005 Vorstellung des Projekts Osterhessele der Universität Groningen
  • Juli 2005  Vorstellung des Neudrucks der Camp’schen Karte durch Herrn Schumacher und Dr. Henninger
  • August 2005 Vorstellung der Ortschronik Willen

Die Handreichungen und die ersten Artikel der  Ortsdatenbank sind jetzt auch im Internet auf der Seite der Ortschronisten einsehbar:

 

 

TOP 2: Vortrag von Dr. Gerhard Canzler

Doornkaat: Herr Dr. Canzler aus Norden hat bereits mehrmals bei den  Ortschronisten über seine Bücher referiert. Insgesamt hat er bereits 13 oder 14 Bücher veröffentlicht, zur Zeit arbeitet er im Rahmen der Norder Stadtgeschichte an einer Darstellung der Geschichte der Norder Schulen.

Der ehemalige  Norder Realschulrektor Gerhard Canzler hat im Juni 2002 sein Buch über die Kornbrennerei Doornkaat vorgestellt (Doornkaat. Eine Firmenchronik, hrsg. von Kay ten Doornkaat Koolman, Norden [Eigenverlag] 2002). Das Buch wurde vom Neffen des  letzten Besitzers Kay ten Doornkaat Koolman herausgegeben und von der Künstlerin Kriso ten Doornkaat gesetzt und graphisch gestaltet. Gerhard Canzler hatte bereits 1986/87 unter dem letzten Firmenleiter Gerhard ten Doornkaat Koolman  Einblick in das lückenlos seit 1806 vorhandene Firmenarchiv genommen.

Die später so erfolgreiche Geneverfabrik wurde 1805 von dem mittellos aus Groningen kommenden Mennoniten Jan ten Doornkaat Koolmann gegründet – auch unterstützt  durch den reichen Norder Kaufmann und Getreidehändler Cremer, dessen Tochter Jan ten Doornkaat Koolmann heiratete. Der Jungunternehmer konnte sich mit seinem Qualitätsprodukt nicht nur gegen ursprünglich 24 Kornbrennereien in Norden,  sondern auch gegen die nationale deutsche Konkurrenz erfolgreich durchsetzen. Doornkaat wurde zu einem bedeutenden Spirituosenhersteller in Deutschland und eröffnete auch noch weitere Geschäftszweige (1882 Bierbrauerei in Westgaste, 1930  Doka Tee, Schiffsbeteiligungen).

Die Familie entfaltete in Norden eine breite gesellschaftliche und soziale Tätigkeit. Sie stand immer in enger Bindung zur Mennonitengemeinde. Kommerzienrat Jan ten Doornkaat unternahm unter Mithilfe  eines Germanisten die Aufgabe, zwischen 1879 und 1884 sein dreibändiges Werk Wörterbuch der ostfriesischen Sprache in Norden herauszugeben. 1894 errichtete die Firma auf dem Blücherplatz in Norden einen Ausstellungspavillon, der den  Bürgern der Stadt in der Folge als Musikpavillon diente. Die Familienmitglieder waren maßgeblich an der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Norden und des Heimatvereins Norderland beteiligt und förderten die Diakonissenstation in Norden.

Während der NS-Zeit standen die Mitglieder der Familie nie in der ersten Reihe der politischen Aktivisten. Zwangsarbeiter wurden in der Firma nicht beschäftigt.

Nach einem großen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg  erfolgte in den siebziger und achtziger Jahren ein rasanter Abstieg. Firmenleiter Gerhard ten Doornkaat Koolman war von Beruf Chemiker und kein wirklicher Unternehmer. Der Neffe war noch nicht reif zur Übernahme des Unternehmens. Gegen die  Einführung der Branntweinsteuer und die Entwicklung eines anderen Trinkverhaltens konnte keine wirksame Gegenstrategie entwickelt werden. Fehlentscheidungen in der Firma wie etwa der Erwerb einer Firma für Fruchtsaftgetränke und  andauernder Spannungen in der Geschäftsleitung förderten den Niedergang. Der Verkauf an die I. B. Berentzen-Gruppe in Haselünne 1991war die Konsequenz dieser Entwicklung. Die Produktion in Norden wurde bald stillgelegt und nur die  Abfüllung von Mineralwasser beibehalten. Allerdings gelang es, den Schaden durch die Übernahme für die oft langjährig beschäftigten Mitarbeiter gering zu halten.

Bereits im Dezember 1988 hat Gerhard ten Dornkaat Koolman die nach ihm  genannte Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet und mit Kapital ausgestattet, die seitdem große Bedeutung für Ostfriesland erreicht hat und die der Förderung von Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, der Pflege des Heimatgedankens,  dem Denkmal-, Umwelt- und Naturschutz und der Rettung aus Lebensgefahr verpflichtet ist.

 

Norddeich Radio: Herr Canzler wurde von einer ehemaligen Schülerin auf einen Aktenbestand bei Norddeich Radio aufmerksam gemacht  und hat auf dieser Grundlage 2004 sein letztes Buch über Norddeich Radio verfasst ( Norddeich Radio 1905 – 1998, Weener 2004)

Norddeich Radio hat als Institution von 1905 bis 1998 als Küstenfunkstelle der Deutschen Bundespost in  Utlandshörn bei Norden bestanden. Die überlieferten Akten – 75 Ordner – wurden bewusst nicht nach Hamburg weitergeleitet, sondern in Norden aufbewahrt. Herr Canzler hat sie bis auf einen kleineren Teil, den er noch zurückbehalten hat, nach  der Bearbeitung dem Staatsarchiv in Aurich übergeben. Herr Canzler hat als Laie den technischen Fragen distanziert gegenüberstehend den Schwerpunkt auf die geschichtliche Entwicklung der Station gelegt, die auch während der beiden  Weltkriege ununterbrochen gearbeitet hat.

Die ersten Pläne zur Gründung der Station stammen aus dem Jahr 1903, als die Reichsmarine Funkmasten mit einer Reichweite für 200 bis 300 km errichten lassen wollte. Sie diente natürlich den  Zwecken der Marine und des Militärs, etwa der Flottenmanöverbeobachtung vor dem Ersten Weltkrieg oder der Lenkung von Feindeinsätzen der Zeppelinflotte in Hage, aber auch der Seefahrt allgemein, gab Wettermeldungen und Sturmwarnungen  heraus und half in Seenotfällen. Norddeich Radio wurde Propagandasender der Nationalsozialisten, britischer Soldatensender und schließlich „Deutsche Welle“. In den fast 100 Jahren des Funkbetriebs ist die Weltgeschichte in Norden Revue  passiert: der Untergang der Titanic, die Weltfahrt der „Graf Zeppelin, der Untergang der Pamir u.v.m. 1998 wurde der UKW-Seefunkdienst eingestellt. Heute ist von der Station noch ein Haus neben dem Campingplatz in Norden erhalten.

Obwohl Gerhard Canzler sehr gute Erfahrungen mit der Druckerei Dunkmann in Aurich gemacht hat, sind die letzten beiden Bücher nicht dort, sondern bei Bretzler in Emden bzw. Risius in Weener gedruckt worden. Für das Norddeich Radio Projekt  konnte Herr Canzler den Norder SKN Verlag nicht gewinnen. Er beteiligte sich deshalb beim Risius Verlag mit 5000 ¬ an den Druckkosten. Mittlerweile sind 700 Exemplare verkauft und das Projekt gelangt in die Gewinnzone.