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Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft


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am: 28.07.2017

Leitung:
Dr. Paul Weßels

Webmaster
H.-Jürgen Adams


 

 

Protokoll des Treffens der Arbeitsgruppe der Chronisten vom 21.05.2004 im Heimathaus in Heidmühle und im Klosterpark Östringfelde

15 Teilnehmer, Protokoll: P. Weßels

Referent: Heino Albers

Heino Albers wies auf eine  neue Veröffentlichung von Herrn Johannes Mennen aus Wittmund hin: Hitlerjugend in Wittmund, Bd. 1 (Wittmunder Hefte, Nr. 3), Wittmund 2004.

TOP 1: Besichtigung einer Ausstellung mit Lachtaubenkäfigen im Heimathaus in Heidmühle.

Die Lachtaubenhaltung ist eine volkstümliche Tradition, die im Nordwesten des europäischen Festlands in Belgien, den Niederlanden, Westfalen und auch in Ostfriesland Fuß gefasst hat. Die Lachtaube ist eine kleine Taubenart, gehört zur  Rasse der Turteltauben und ist der Türkentaube verwandt. Sie stammt ursprünglich aus Afrika und ist keine Wildtaube. Sie wird seit Jahrhunderten in Westeuropa domestiziert und gilt als leicht zu zähmen. Sie kann in Gefangenschaft bis zu 40  Jahre alt werden. Lachtauben wurden einzeln in Käfigen gehalten, die oft Häusern nachempfunden waren und sehr aufwendig gestaltet sein konnten. Die Käfige waren in der Regel über der Tür zwischen Flur und Küche oder zwischen Flur und  Schlafzimmer befestigt. In Bauernhäusern hingen Lachtaubenkäfige auch in Kuhställen.

Lachtauben waren vor allem in der den ländlichen Bevölkerungsschichten Ostfrieslands sehr beliebt. Sie galten als Wetterprophet. Man konnte sich  mit Lachtauben „unterhalten“, und der Vogel war Hausgenosse insbesondere armer Leute, z.B. in Weberhaushalten. Die Taube kannte alle Familienmitglieder und war mit den gewöhnlichen Geräuschen des Hauses sehr vertraut. Darum schlug sie an,  wenn es ungewöhnliche Geräusche gab, weshalb sie auch eine „Wachhundfunktion“ übernehmen konnten. Außerdem wurde ihr im Volksaberglauben Heilkraft insbesondere bei Hautkrankheiten zugesprochen.

Nach dem zweiten Weltkrieg ist die  Lachtaubenhaltung in Vergessenheit geraten: Zunächst hatten die Engländer die Haltung verboten, weil sie in Notzeiten als Futterverschwendung erschien, dann wurden die Tauben in deutschen Wirtschaftswunderzeiten als Dreckmacher unbeliebt.  Es gibt heute nur noch einige Lachtaubenzüchter und – halter, von einer volkstümlichen Tradition kann kaum noch gesprochen werden.

1987 gab es die erste Ausstellung über Lachtauben und Lachtaubenhaltung in Vreden und danach in  Norden. Hauptinitiatoren waren Jan Pluis auf niederländischer und Erna Stupperich aus Norden auf deutschen Seite. Beteiligt war auch die Norder Verlegerin Basse. Zu der Ausstellung erschien in Norden ein Begleitband (Jan Pluis, Erna  Stupperich, Die Lachtaube. Eine historische und volkskundliche Untersuchung, Norden 1986). seitdem hat aber keine Ausstellung mit Lachtaubenkäfigen mehr stattgefunden.

 

TOP 2: Der Klosterpark Östringfelde. Der  Klosterpark liegt in der Gemeinde Schortens westlich des Ortszentrum an der alten Straße von Schortens nach Jever. Das Gelände des Klosters Östringfelde liegt auf einem Sporn des oldenburgisch-ostfriesischen Geestrückens. Vier Kilometer  nördlich befindet sich Jever auf einer vorgelagerten Sanddüne. Der Ort war seit prähistorischen Zeiten besiedelt, frühere Steingräber sind vermutlich vor 5500 Jahren errichtet worden, es gab Hügelgräber und das große Gräberfeld von  Schortens. Das spätere Kloster Östringfelde soll auf einer heidnischen heiligen Stätte errichtet worden sein und sich in der Nähe ein Thingplatz mit einer zentralen Eiche und zwölf sie umgebenden Linden befunden haben. (1936 wurde von den  Nationalsozialisten in der Nähe des Klosterplatzes und des historischen Ortes ein neuer „Thingplatz“ errichtet.) In der Nähe des späteren Klosterplatzes wurde –vielleicht als Folge eines Gelübdes – um 1158 in Schortens der vermutlich  älteste erhalten gebliebene Kirchenbau des Jeverlandes errichtet. 1175 erfolgte vermutlich wieder als Folge eines Gelübdes der Bau der Klosterkirche in Östringfelde. Wann das Kanonikerstift „Unserer lieben Frau“  selber gegründet  wurde, ist ungewiss. Der Bau von 17 in der Folge entstandene Steinkirchen des Jeverlandes wird auf den Einfluss der Chorherren von Östringfelde zurückgeführt. In der näheren Umgegend befinden sich die Klöster Burmönken, Reepsholt und  Hopels. Östringgfelde wird wegen seines Namens „Unserer lieben Frau“ häufig verwechselt mit Kloster Marienkamp.

1323 erfolgte die Errichtung des mächtigen, verschiedenen Angaben zufolge zwischen 42 und 55 m hohen Turmes von  Östringfelde, der wegen seiner mächtigen Ausmaße auch der Seefahrt als Landmarke gedient haben könnte. Die Turmfundamente sollen sieben Meter tief in die Erde reichen. Die Pest erreichte Ostfriesland um 1340 und führt zum Tod von bis zu 85  % der Bevölkerung. Um 1342 zogen die verbliebenen Kanoniker von Östringfelde als Folge der verheerenden Pestepidemie an die Vechte in die Nähe von Bentheim. 1350 bis 1360 wird das Kloster von Dominikanerinnen aus Norden wieder bezogen.

1535 erreichte die Reformation auch Östringfelde. Danach gelangte das Kloster als Stift unter de Kontrolle von Fräulein Maria von Jever. Den Nonnen wurde ein lebenslanges Wohnrecht gewährt. Als 1575 Maria von Jever starb, könnte sie  vielleicht in Östringfelde ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. 1577 gelangte das ehemalige Kloster an die Herrschaft Jever bzw. den Grafen von Oldenburg. Erst 1596 starb die letzte Nonne im Kloster Östringfelde.

1609 wurde die  Klosterkirche abgebrochen. 1754 bis 1769 gaben die Fürsten von Anhalt-Zerbst den angeblich noch immer etwa 50 m hohen Turmstumpf gegen den Willen der Bevölkerung zum Abbruch frei. Neben dem ehemaligen Kloster gab es ein Klostergut, das im  17. und 18. Jahrhundert hier auf der Basis von Schafzucht wirtschaftete. 1838 erwarb Hofrat Heinrich Georg Ehrentraut aus Jever das Gut mit 500 ha und den ehemaligen Klosterplatz, und der Gartenarchitekt Bosse legte auf dem historischen  Klosterplatz einen Garten an. Der alte Klostergraben wurde in einem Kreis rund um den Platz wieder ausgehoben. 1842 wurde der Turmfuß freigelegt. 1869 errichtete der Sohn Ehrentrauts ein neues Wohnhaus anstelle des alten Gutsgebäudes.

1920 wurde die Parkanlage von der Gemeinde Schortens erworben und seit 1985 ist sie als Klosterpark Östringfelde als Landschaftsschutzgebiet eingetragen. Die Klosteranlage ist nie archäologisch untersucht worden, weil es dazu keinen  akuten Anlass gab.

Bei einer Begehung des Geländes unter der Führung von Heino Albers wurde zunächst der von den Nationalsozialisten neu errichtete Thingplatz, dann die Mauern des massiven Turmstupfes und die Schutthügel besichtigt,  unter denen sich heute noch die Fundamente der Kirche und anderer Baulichkeiten befinden. Als überraschend wurden die vielen verbliebenen Schutthügel im Gelände empfunden. Bei einem Rundgang über das Gelände wurde eine etwa 1000 Jahre alte  Eibe besichtigt, die als der älteste Baum der Region gilt. Schließlich führte Heino Albers die Gruppe noch zum Wolfsgalgen an der Straße nach Jever, der an die Erlegung des letzten Wolfs in dieser Region im Jahr im Jahr 1738 erinnert.