Protokoll des Treffens der Arbeitsgruppe der Chronisten vom 09.12.2005 in Aurich. Alter Lesesaal der Landschaftsbibliothek
25 Teilnehmer
Prot.: Dr. P. Weßels
Referent: Heinrich Schumacher
TOP 1: Der Sprecher weist darauf hin, dass zu gleicher Stunde in Wiesmoor das neue Wiesmoor-Buch von Herrn Dr. Frees der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Die kommende Sitzung wird am Freitag den
13.01.2006 an gleicher Stelle stattfinden und von Herrn Hero Jelten mit einem Vortrag über die Geschichte des Baptismus in Ostfriesland bestritten werden. Außerdem wurde auf eine Internetadresse aufmerksam
gemacht, die ein brauchbares Übungsprogramm zum erlernen der Deutschen Schrift bietet.
TOP 2: Die Herausgabe der handgezeichneten Campschen Karte durch die Historische Kommission Niedersachsen.
In diesem Jahr gaben Wolfgang Henninger, Bernd Kappelhoff und Heinrich Schumacher im Auftrag der Historischen Kommission Niedersachsen in der Hahnschen Buchhandlung die „Die große handgezeichnete
Campsche Karte von Ostfriesland von 1806“ heraus. Die Ausgabe von 500 Stück war innerhalb von nur acht Tagen ausverkauft und wird vermutlich, sobald die Vorbestellungen einen Neudruck wirtschaftlich
erscheinen lassen, noch einmal zu einem leicht erhöhten Preis aufgelegt.
Der niederländische Artillerieoffizier und Emigrant Willem Camp (1761-1855) hat insgesamt drei Karten von Ostfriesland hergestellt. Zunächst im Auftrag der Ostfriesischen Landstände die bekannte große
Kupferstichkarte im Maßstab von 1:120.000. Außerdem hat der Artillerieoffizier auf eigene Initiative eine zweite verkleinerte Karte in Amsterdam im Maßstab von 1:247.000 in Kupfer stechen und drucken lassen.
Ein Nebenprodukt der Campschen Tätigkeit in Ostfriesland, sechs handgezeichnete Blätter zu Ostfriesland im Maßstab von 1:50.000, wurden zwischen 1804 und 1808 nur vier Mal erstellt: auf Wunsch der Landschaft,
für die Kriegs- und Domänenkammer, für den preußischen König und für die französische Regierung. Zwei dieser vier Fassungen sind verloren, die Karte der Kriegs- und Domänenkammer ist gebraucht und
unansehnlich. Nur die Karte für den preußischen König aus dem Jahr 1806 ist noch in einem fast unbenutzten Zustand. Heinrich Schumacher hat diese schön kolorierte Karte bei seinen Recherchen in der
Staatsbibliothek in Berlin gefunden. Weil die Historische Kommission eine Vorlage für eine historische Ostfrieslandkarte suchte, ist relativ schnell die Entscheidung gefallen, diese bisher unveröffentlichte
Karte herauszubringen.
Als Folge des Siebenjährigen Krieges wurde in Europas Fürstenhäusern allgemein ein Mangel an brauchbaren Karten festgestellt. In Ostfriesland schloss man sich dem daraus entstehenden Boom für
Kartographen erst relativ spät an. Der Niederländer Willem Camp war über Münster nach Ostfriesland gekommen, hatte sich in Loga niedergelassen und hier bald die Leeraner Oster- und Westergaste vermessen. Um
eine Grundlage für die Erschließung der Provinz Ostfriesland zu schaffen, erteilten die ostfriesischen Landstände im Mai 1797 dem vor den napoleonischen Truppen aus den Niederlanden geflohenen
Artillerieoffizier für die geringe Summe von 2500 Rt. den Auftrag, eine neue Vermessung der Grafschaft Ostfrieslands und des Harlingerlandes vorzunehmen. Dabei sollte er sich an den Ergebnissen der zuvor
vorgenommenen Vermessung des Oldenburger Landes orientieren. Camp ging deshalb bei seinen 1798 bis 1802 durchgeführten Vermessungsarbeiten mit seinen beiden Gehilfen auch von dem Dreieck
Vreschen-Bokel-Ostbarge an der südöstlichen Grenze Ostfrieslands aus und vermaß danach 298 Dreiecke. Eine fehlerträchtige Arbeit. Wenn eine Überprüfung der Triangulation vorgenommen worden wäre, hätten Fehler,
insbesondere die gestauchte Darstellung des Rheiderlandes, vermieden werden können. Die Campsche Karte hat drei verschiedene Nordrichtungen und ist deshalb insgesamt um 600 m verschwenkt. Der ostfriesische
Mathematiker Jabbo Oltmanns hat diesen Fehler bereits erkannt und durch Berechnungen nachgewiesen.
Zugleich mit der Triangulation durch Camp haben die beiden Gehilfen die Landschaft mit dem Messtisch aufgenommen. Deren Ergebnisse wurden von Camp mittels Passpunkten in seine Karte eingefügt. Als
Ergebnis legte Camp den ostfriesischen Landständen 1804 die bekannte Kupferstichkarte in zwei Blättern im Maßstab 1:120.000 vor. Die bekannte etwas spätere Karte von LeCoq ist in weiten Teilen eine Kopie der
Inhalte von der großen Campschen Karte im Maßstab von 1:86.000. Allerdings hat LeCoq auch selbst trianguliert, den Campschen Messfehler vermieden und die Ergebnisse von Camp in einigen Regionen ergänzt.
Die jetzt veröffentlichte Reproduktion der Campschen Karte von 1806 ist in einem leicht verkleinerten Maßstab erstellt worden und zeigt viele landeskundliche Details und topographischer Objekte, die noch
über die Le Coqsche Karte hinausgehen.. Die zusammengesetzten sechs Kartenblätter ergeben ein Kartenbild von etwa 194 cm Breite und 168 cm Höhe. Die Publikation wird von einem Erläuterungsheft begleitet, in
dem der Präsident des Landesarchivs Dr. Bernd Kappelhoff zunächst die wirtschaftliche Situation Ostfrieslands um 1800 beschreibt, Dr. Wolfgang Henninger sich der Biographie Wilhelm Camps widmet, Heinrich
Schumacher die Kartenblätter beschreibt und eine Bibliographie der Campschen Karten zusammenstellt und schließlich Wiard Hinrichs eine Übersicht über die geographischen Namen der Campschen Karte zusammenstellt.
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