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Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft


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Letzte Aktualisierung
am: 28.07.2017

Leitung:
Dr. Paul Weßels

Webmaster
H.-Jürgen Adams


 

 

Protokoll des Treffens der Arbeitsgruppe der Chronisten vom 19.05.2006 im Kulturbunker in Emden-Barenburg

Vorstellung der Arbeit der Geschichtswerkstatt Barenburg durch Herrn Fichtel und der Arbeit im Kulturbunker durch Ulf Reibe

25 Teilnehmer

Referenten: Heinrich Fichtel, Ulf Reibe

Prot.: Dr. P. Weßels

 

TOP 1: Verschiedenes: Der Sprecher der Arbeitsgruppe teilte den Anwesenden mit, dass das Glossar „Ossipedia“ jetzt in überarbeiteter Fassung mit mehr 1300 eingearbeiteten Stichworten im Internet in präsentabler Form zur  Verfügung steht. Wesentliche Ergänzungen sind noch in Arbeit.

Es soll die Anregung von Herrn Schröder aus Heisfelde aufgegriffen werden, kleinere Texte von Mitgliedern des Arbeitskreises, die zur Veröffentlichung geeignet und noch ungedruckt sind, auf der Seite der Ortschronisten nach  einer redaktionellen Überarbeitung für die Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

 

TOP 2: Barenburg, der Kulturbunker und die Geschichtswerkstatt Barenburg: Herr Fichtel erläutert die Arbeit der Geschichtswerkstatt des Emder Stadtteils Barenburg. Herr Reibe berichtet über den Stadtteil und den  Kulturbunker. Anschließend führt er die Gruppe durch das Gebäude.

Barenburg wird erstmals 1624 erwähnt. Damals stand hier am Tief eine Ziegelei, die 1624 geschliffen werden musste. Der Stadtteil Barenburg entstand um 1900 und ist mit ca. 7000 Einwohnern der zweitgrößte Emder Stadtteil.  Das Hans Susemihl-Krankenhaus ist in Barenburg zu finden, gleichfalls das Gymnasium am Treckfahrtstief. Seine heutige Größe erreichte Barenburg erst  mit dem Wiederaufbau Emdens nach dem Zweiten Weltkrieg und dann in einer dritten Phase – Barenburg sollte ein typischer Wohnort für die Industriearbeiterschaft werden – durch große Baumaßnahmen seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre unter Beteiligung der ehemals gewerkschaftseigenen Neuen Heimat. Dadurch wurde der Stadtteil zerrissen zwischen Alt-Barenburg und Neu-Barenburg. Zwischenzeitlich haben hier einmal 12.000 bis 15.000 Menschen gelebt. Die Neue Heimat  errichtete am östlichen Rand von Barenburg auch die beiden „Glaspaläste“, die größten Wohnhäuser Ostfrieslands. Mehrfach wurde diskutiert, eines der beiden Gebäude, die zum großen Teil leer stehen und als soziale Brennpunkte gelten,  abzureißen. In der ehemaligen Karl von Müller-Kaserne war bis Mitte der 1990er Jahre das ABC-Abwehrbataillon 110 der Bundeswehr stationiert. Nach Auflösung der Einheit und Schließung der Kaserne wird bislang ergebnislos über eine Nachnutzung diskutiert. Der Verfall der Gebäude ist schon weit fortgeschritten, nur die Offizierswohnungen sind zum größeren Teil noch bewohnt. Die Firma Hoch-Tief ist mit dem Auftrag der Verwertung des Gesamtkomplexes gescheitert und hat ihn zurückgegeben. Das ist Rückschritt für den Stadtteil. Jetzt soll versucht werden, die Gebäude in Teilen zu veräußern und wieder einer Nutzung zuzuführen. Die Sportanlagen sollen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, und ein Neubau eines Stadions für den Fußball-Regionalligisten BSV Kickers Emden auf dem Kasernengelände ist im Gespräch.

Barenburg ist ein sozial sehr problematischer Stadtteil. Es gibt viele Migranten, Arbeitslose etc. Der Ausländeranteil ist der höchste in Emden und liegt bei 11,2 Prozent. Der Leerstand der Kaserne und die Existenz der  beiden „Glaskästen“ erschweren die Situation. Es gibt aber noch ein Miteinander und Nebeneinander der Bevölkerung, kein Gegeneinander. Auch das Schulleben ist derzeit nicht problematisch.

In Barenburg gibt es einen Stadtteilbeirat, der von der Barenburger Bevölkerung gewählt wird. Die Wahlbeteiligung ist für solche Anlässe mit 12% relativ hoch. Der Stadtteilbeirat ist beratend im Sanierungsprozess tätig und  ein wichtiger Partner für die Stadtverwaltung. Ein Bürgerverein soll außerdem etwa seit Beginn der 1990er Jahre zur besseren Integration der verschiedenen Bevölkerungsteile in Barenburg beitragen. Insgesamt haben die Maßnahme bereits  gegriffen: Es ziehen weniger Leute aus Barenburg weg.

 

Der Kulturbunker ist 2005 in Barenburg als Stadtteil- und Kulturzentrum eröffnet worden. Mit einem finanziellen Aufwand von ca. drei Millionen Euro wurde der alte Luftschutzbunker hergerichtet. Aus der Außenmauer wurden Teilstücke entfernt, um große Fenster einbauen zu können. Das Gebäude beherbergt jetzt ein Veranstaltungszentrum und einen Bürgertreff für den Stadtteil. Der alte Bunker wurde 1940/41 von Zwangsarbeitern errichtet und hatte ursprünglich 1100 qm, mit dem neuen Anbau heute 1800 qm. Das Gebäude ist in der Trägerschaft der Stadt, ein angestellter Sozialarbeiter leitet die Einrichtung. Oft ist nur ein eingeschränkter Betrieb möglich, und viele Aktivitäten werden nur durch Ehrenamtlichkeit ermöglicht. Es gibt eine gute Zusammenarbeit mit dem Großteil der Vereine im Stadtteil. Der Bunker wird von ca. 20 Gruppen benutzt, bei großer Fluktuation gibt es wöchentlich etwa 20 bis 40 Angebote, so auch das Freitagsgebet der Moslems und jeden zweiten Donnerstag unentgeltliches Frühstück für Stadtteilbewohner. Man ist stolz auf den gelungenen Umbau des alten Barenburger Bunkers zum Kulturbunker, dessen Wirken seitdem die Einheit des Stadtteils sehr gefördert hat.

 

Die Geschichtswerkstatt Barenburg ist vor 12 Jahren im Zusammenhang mit dem Bürgerverein und zusammen mit der VHS Emden und einem Sozialarbeiter gegründet worden. Diese Initiative arbeitet sehr regelmäßig und aktiv. 10 bis 12 Mitarbeiter treffen sich in der Regel einmal monatlich im Kulturbunker. Weitere Geschichtewerkstätten gibt es in Emden in Larrelt, Transvaal, Conrebbersweg, Wybelsum, Borssum, Harsweg. Aber die Zusammenarbeit der Stadtteilgeschichtswerkstätten funktioniert nicht gut. Nach der Gründung der Geschichtswerkstatt Barenburg haben Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt zwei bis drei Jahre im Emder Stadtarchiv nach Unterlagen  über den Stadtteil gesucht und die Zeitungen intensiv durchgesehen, so dass eine große Materialsammlung zur Geschichte Barenburgs vorhanden ist. Es gibt auch viele Unterlagen und Interviews mit Bewohnern des Stadtteils zu seiner Geschichte, zum Zweiten Weltkrieg und zur Bedeutung des Bunkers in Barenburg. Auf dieser Grundlage wurden viele Ausstellungen organisiert. Es existiert eine gute Zusammenarbeit mit dem Bunkermuseum in Emden. Unten im Bunker ist von der Geschichtswerkstatt Barenburg in einem Durchgangsraum ein Erinnerungsraum mit der Ausstellung „Unser Bunker“ mit alten originalen Erinnerungsstücken, einer Bunkerbank etc und Ausstellungstafeln eingerichtet worden. Diese hat unter gedachten Überschrift „Emden im Zweiten Weltkrieg“ die Stadtgeschichte, die Stadtteilgeschichte und Baugeschichte des Bunkers, das Schicksal der Zwangsarbeiter, aber auch alte Funktionen des Bunkers während des Krieges zum Gegenstand.

Es gibt bislang keine Buchveröffentlichungen. In der AG hat sich noch niemand zugetraut, die Geschichte des Stadtteils auf der Grundlage des zusammengetragenen Materials zu schreiben. Stattdessen ist aber eine Broschüre zum  10-jährigen Bestehen der Geschichtswerkstatt erschienen. Jährlich gibt die Geschichtswerkstatt außerdem gemeinsam einen Fotokalender mit kommentierten Ansichten aus dem alten Barenburg heraus. Mitunter tritt die Stadt Emden an die Gruppe  mit einem Anliegen heran: Zuletzt hat man die Geschichte des Treckfahrtstiefs im Bereich der Stadt Emden aufgearbeitet, dazu auch im Staatsarchiv in Aurich recherchiert und kommentierte Bildtafeln erstellt, die vor Ort aufgestellt und von  der AG betreut werden sollen. Als nächstes Projekt soll ein Zusammentreffen mit Überlebenden des Zweiten Weltkriegs aus dem Stadtteil organisiert werden, die in dem Bunker Schutz gesucht haben, um einen Austausch von Erinnerungen und  Erfahrungen zu ermöglichen, zugleich aber auch deren Geschichten in Erfahrung zu bringen.