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Protokoll der Sitzung des Arbeitskreises ostfriesischer Chronisten vom 20.9.1996 in Neuenburg
Thema: Neuenburg und der Arbeitskreis Heimatkunde im Heimatverein Neuenburg e.V.
Referent: Enno Hegenscheid,
Neuenburg
Der Arbeitskreis traf sich zunächst in der Rutteler Mühle. Dieser Galerieholländer wurde 1865 als Nachfolger der Neuenburger Wassermühle auf einer kleinen Anhöhe in der Bauernschaft Ruttel bei
Neuenburg erbaut. Die Mühle, in der noch heute mit Wind gemahlen wird, verfügt über drei Mahlgänge, einen Getreidequetschgang und - eine Besonderheit - ein Sägewerk. Seit 1932 betreibt die Familie Egenhoff die
Mühle. Neben der Mühle gibt es ein Café und einen Naturkostladen.
Es folgte eine Besichtigung des ehemaligen Schlosses Neuenburg mit der dazugehörigen Burgkapelle. Die Burg liegt an einem Engpaß der
früheren Heerstraße nach Friedeburg. Der eigentlich Burg ist der Ortsteil Vorburg vorgelagert, der sich seit etwa 1581 allein mit vier Halberbenstellen nachweisen läßt. Diese lassen vermuten, daß eine
Besiedlung hier wahrscheinlich bereits um 1200 erfolgte. Zur Vorburg gehörten auch das Armenhaus (seit 1607), ein Krug (seit 1681) und die Wassermühle. Der Ort Neuenburg entstand, abgesehen von etwa fünf
Hausstellen, die bereist 1681 nachzuweisen sind, etwa um 1786. Der Ortsteil Vorburg gehörte zu Kirchspiel Zetel, die Ortsteile Astede und Collstede aber zu Bockhorn. Es gab im Ort niemals eine eigene
Gemeindekirche. Im 17. Jahrhundert wurde den Bewohnern des Ortes aber die Ende des 16. Jahrhunderts errichtete Schloßkapelle geöffnet. Der Prediger war aber kein Gemeindepriester, er war für die Bewohner des
Schlosses und der Festung Ellenserdam zuständig. Die Kirchenbücher wurden weiterhin in den beiden Kirchspielen geführt. Erst ab 1860 bildete Neuenburg eine eigene Kirchengemeinde und erhielt die Schloßkapelle als
Gemeindekirche. Damit ergab sich auch die Bildung einer eigenen politischen Gemeinde. Die alten Kirchspielzugehörigkeiten wurden aufgehoben und 1867 eine eigene politische Gemeinde Neuenburg
gegründet.
Der Grundstein zur Burg Neuenburg wurde 1462 in Zuge der Auseinandersetzungen Graf Gerhards (des "Mutigen" oder "Streitbaren") von Oldenburg mit den Häuptlingen von
Östringen, Gödens und den ostfriesischen Grafen gelegt. Seit 1596 ließ Graf Johann (der "Deichbauer") die Grenzfestung zu einem Schloß ausbauen. Hieran erinnert der im Schloßhof angebrachte
Wappenstein. Das Schloß diente den oldenburgischen Grafen dann vor allem als Jagdschloß und als Witwensitz. Von 1693 bis 1862 war es dann der Sitz des Landgerichts und ab 1862 der Ackerbauschule des Landes
Oldenburg. Danach wurde es Lehrerinnenseminar und ab 1921 Landfrauenschule. 1960 wurde es zum Dorfgemeinschaftshaus. Heute befinden sich im Schloß, das im Besitz der Gemeinde Zetel ist, ein Kindergarten, ein
großer Sitzungssaal, der auch als Standesamt genutzt wird, und die Ausstellungsräume des Heimatvereins Neuenburg. Es gibt eine vogelkundliche Ausstellung, eine heimatkundliche Ausstellung und ein
„Herrenzimmer“, in dem eine handgeschnitzte Einrichtung aus einer Werkstatt in Neuenburg aus den 20er Jahren untergebracht ist.
Neben dem Schloß befindet sich das Heimatmuseum „Rauchkate“. Das
Gebäude, das aus dem Ortsteil Lehmshörn stammt und in den sechziger Jahren an den jetzigen Ort verlegt wurde, existiert wahrscheinlich seit 1581. Schon 1908 wurde u.a. auf Initiative eines Sohnes von Hoffmann
von Fallersleben (Kunstmaler) ein „Verein zur Erhaltung eines niedersächsischen Hauses in Neuenburg“ zur Pflege dieses Hauses gegründet. Das Gebäudeensemble besteht aus der „Rauchkate“ mit offenem
Herdfeuer, der Bischüer, Wagenremise, dem Backhaus und seit kurzen auch dem „Friesenhaus“, einem wiederaufgebauten Gebäude in friesischem Baustil ursprünglich auch aus dem Ortsteil Lehmshörn aus dem Jahr
1862.
TOP 3 DER ARBEITSKREIS HEIMATKUNDE NEUENBURG: Nach einer kurzen Besichtigung des alten Bahnhofs von Neuenburg (heute Gaststätte mit angeschlossener Galerie) und einem kleinen Gang durch den Ort
begab man sich zum Sitzungssaal des Arbeitskreises Heimatkunde. Der Heimatverein Neuenburg besteht seit 1913. Er hat heute etwa 400 Mitglieder. Seit 1985 gibt es im Rahmen des Heimatvereins den Arbeitskreis
Heimatkunde mit 10 bis 12 Mitgliedern, darunter ein Archäologe, ein Oberrat, eine technische Zeichnerin, ein Lehrer, ein Tischler, drei Landwirte etc.
Der Arbeitskreis wurde auf Initiative von E.
Hegenscheid im Jahr 1985 gegründet. Seitdem gibt es monatlich regelmäßig eine Sitzung. Ziel war eine Dokumentation - keine Chronik - der Besiedlung und Ortsgeschichte der verschiedenen Ortsteile Neuenburgs.
Nach vorangegangenen Informationen im Staatsarchiv Oldenburg begann der AK zunächst damit, alle alten zu erfassenden Hausstellen der verschiedene Ortsteile zu verkarten. Archivalische Grundlagen gibt es dazu seit
1681. Ziel war es, die kontinuierliche Geschichte jeder Hausstelle mit all ihren Besitzern zu erarbeiten und diese so weit wie möglich in die Vergangenheit nachzuvollziehen. Dort, wo sich darüber hinaus
Informationen zur Geschichte der Bewohner fanden, wurden sie hinzugefügt.
Seit 1991 veröffentlicht der Arbeitskreis jedes Jahr in der Schriftenreihe „Neuenburger Heimatkunde“ ein Heft zur
Ortsgeschichte. Erschienen sind bisher:
1. Die ehemalige Wassermühle in Neuenburg, 1991;
2. Neuenburgerfeld - Einst war es Heide, Sand und Moor, 1992;
3. Vorburg - eine durch Dienstleistung für
Burg und Schloß Neuenburg geprägte Bauerschaft, 1993;
4. Ruttel/Ruttelerfeld - Siedlung von friesischen Heerweg bis an das Hochmoor, 1994;
5. Astederfeld - von der Moorkolonie im 19. Jahrhundert bis
zum heutigen Dorf, 1995;
6. Schloß Neuenburg in den vergangenen 300 Jahren - Die Landfrauenschule 1921 bis 1960, 1996.
Für Ende 1996 ist außerdem bereits die Herausgabe des siebten Heftes zum Ortsteil
Collstede geplant.
Bevor jedes Heft in den Druck geht, werden in passenden Räumlichkeiten der Ortsteile, auf die sich das Heft bezieht, die Ergebnisse öffentlich vorgestellt, um noch notwendigenfalls
Korrekturen aufnehmen zu können. Jedes Heft hat eine Auflage von 900 Exemplaren, die alle restlos ausverkauft sind. Das erste und ein Teil des zweiten Heftes wurden durch Spenden finanziert, seitdem wird der
Druck jedes weiteren Heftes aus dem Verkaufserlös des vorherigen und weiteren Spenden finanziert.
Weitere geplante Themen sind der friesische Heerweg, das Schloß Neuenburg in seiner Nutzung seit 1700,
der Neuenburger Urwald, die Entwicklung von Handwerk und Gewerbe, die Geschichte der Vereine, die Entwicklung Neuenburgs im 20. Jahrhundert. Die Textbeiträge werden im wesentlichen von E. Hegenscheid verfaßt,
es gibt aber auch Beiträge von anderen Mitgliedern. Außerdem werden im AK andere Aufgaben wie das Erstellen von Karten und von Fotos usw. verteilt. Die alten Landwirte sind vor allem wegen ihrer genauen
Ortskenntnis unersetzlich. Der fertige Text wird von E. Hegenscheid mit der Schreibmaschine getippt, dann auf Diskette abgetippt, mit Fotos, Karten etc. in ein Büro zur Erstellung des Layout gegeben und dann
erst an die Druckerei weitergereicht.
Abschließend wurde vereinbart, daß im kommenden Jahr eine weitere Sitzung in Neuenburg stattfinden soll, bei der es dann vor allem um die Technik der Verkartung der
Hausstellen des Dorfes mit dem von E. Hegenscheid selbst entwickelten System gehen soll.
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