Die Anfänge des Tauchens
Schon jahrhundertelang wird versucht, durch Luft anhalten die Unterwasserwelt
zu erkunden. Indirekter Beweis dafür sind die tausende Jahre alten, z.B. mit
Perlmutt verzierten Artefakte, die an Land gefunden wurden sowie Darstellungen
von Tauchern in alten Zeichnungen. Aus dem alten Griechenland ist bekannt, dass
so nach Schwämmen getaucht wurde. Auch militärische Heldentaten sind
überliefert. Am berühmtesten ist wahrscheinlich die Geschichte von Scyllis (manchmal
auch Scyllias geschrieben; ungefähr 500 v.Chr.), wie sie vom Historiker
Herodotus (5. Jhd. v. Chr.) erzählt und heute in zahlreichen modernen Texten
wiedergegeben wird.
Scyllis befand sich als Häftling an Bord eines Schiffes vom Persischen König
Xerxes I. Als er erfuhr, dass Xerxes eine griechische Flotte angreifen wollte,
ergriff er ein Messer und sprang über Bord. Die Perser konnten ihn nicht im
Wasser entdecken und nahmen deshalb an, dass er ertrunken war. Scyllis aber
tauchte nachts auf und durchtrennte alle Ankerseile der Schiffe von Xerxes'
Flotte. Um unbeobachtet zu bleiben benutzte er ein hohles Schilfrohr wie einen
Schnorchel. Dann schwamm er neun Meilen (15 Kilometer) um sich den Griechen vor
Kap Artemisium anzuschließen.
Der Traum vom Tauchen hat wahrscheinlich schon immer existiert: um zu jagen,
Schätze zu finden, Schiffe zu reparieren (oder sie zu versenken) oder
vielleicht nur um das Meeresleben zu beobachten. Bis Menschen jedoch einen Weg
fanden unter Wasser zu atmen, war jeder "Tauchgang" zwangsläufig sehr
kurz.
Wie aber sollte man länger
unter Wasser bleiben können? Das Atmen durch ein hohles Schilfrohr erlaubte es
nur ein kleines Stückchen abzutauchen, aber Röhrchen von mehr als einem halben Meter
Länge funktionieren nicht, da das Einatmen gegen den Wasserdruck ab dieser
Tiefe nicht mehr möglich ist. Es wurde auch versucht, aus einem luftgefüllten
Sack unter Wasser zu atmen. Dies scheiterte jedoch am Problem des erneuten
Einatmens der verbrauchten Luft.
Im 16. Jhd. begann man damit Taucherglocken zu benutzen. Dies ist wohl die
erste effektive Methode, um längere Zeit unter Wasser bleiben zu können. Die
Glocke wurde wenige Meter unter der Wasseroberfläche gehalten. Ihr Boden war
offen und im oberen Teil befand sich die durch den Wasserdruck komprimierte
Luft. Ein aufrecht stehender Taucher konnte also atmen. Ausserdem war es
möglich, die Glocke für ein oder zwei Minuten zu verlassen, um Schwämme zu
sammeln oder den Grund zu erforschen. Man kam dann solange immer wieder zur
Taucherglocke zurück, bis die enthaltene Luft nicht mehr atembar war.
In England und Frankreich wurden im 16. Jhd. auch komplette Tauchanzüge aus
Leder bis zu einer Tiefe von 18 Metern benutzt. Mit Hilfe manueller Pumpen wurden
diese Anzüge von der Oberfläche aus mit Luft versorgt. Bald entwickelte man
Helme aus Metall, um einem noch größeren Wasserdruck standhalten zu können. Und
die Taucher gingen tiefer. Um 1830 waren diese Systeme soweit perfektioniert,
dass umfangreiche Bergungsarbeiten möglich wurden. Mit Beginn des 19. Jhd.
wurde die Erforschung der Meere sowohl durch wissenschftliche und auch durch
technologische Erkenntnisse stark beschleunigt. Insbesondere Paul Bert und John
Scott Haldane aus Frankreich bzw. Schottland sind als treibende Kräfte
hervorzuheben. Ihre Studien haben geholfen die Auswirkungen des Wasserdrucks
auf den menschlichen Körper zu erklären und sichere Grenzen für das
Presslufttauchen zu definieren. Auch technische Fortschritte im Bereich der
Pressluftpumpen, Kohlendioxid absorbierender Mittel und Atemregler machten es
den Menschen seit dieser Zeit möglich, für längere Zeit unter Wasser zu
bleiben.
Die verschiedenen Arten des Tauchens
Der Wunsch die Meere zu erforschen hat vier verschiedene Methoden des Tauchens hervorgebracht, wobei das Tauchgerät wie wir es heute kennen und nutzen die späteste Entwicklung ist.
All diese Geräte brauchen ein System das sowohl frische Atemluft bereitstellt
(normalerweise durch das Hinzufügen von Sauerstoff zur bestehenden Luft) und
ausserdem das ausgeatmete Kohlendioxid aufnimmt (z.B. durch Atemkalk,
Lithiumhydroxid oder ähnliche Verbindungen, welche CO2 absorbieren).
Eine moderne Weiterentwicklung dieser Technik ist der unabhängige, gepanzerte
Tauchanzug. Er ist beweglich und in der Lage, dem Umgebungsdruck in der Tiefe
zu widerstehen. Der Taucher wird in ihm zu einem kleinen U-Boot und kann
stundenlang in einer Tiefe von mehreren hundert Metern arbeiten.
Einige wichtige Ereignisse
in der Geschichte des Tauchens / Chronologie
Der Rest dieses Kapitels
ist eine Chronologie, die einige wichtige Ereignisse in der Geschichte dieser
vier verschiedenen Arten des Tauchens auflistet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei
auf den von Sporttauchern nutzbaren Geräten. Verschiedene Legenden ranken sich
um die Geschichte des Tauchens. Diese Chronologie beinhaltet ausgewählte
Erfindungen, Entdeckungen und persönliche Leistungen, die von Historikern als
Tatsachen angesehen werden. In Klammern hinter der jeweiligen Jahreszahl wird
die Art des Tauchens genannt, für die das jeweilige Ereignis relevant gewesen
ist (wobei neue Erkenntnisse in der Tauchphysik bzw. Tauchmedizin für alle
Arten des Presslufttauchens wichtig sind).
Die vier Varianten des Tauchens sind:
500 v.Chr.: Scyllis demonstriert die Benutzung eines Schnorchels und
vollbrachte eine militärische Heldentat (siehe oben).
1530: Die Tauchglocke wird erfunden
1650: Von Guericke entwickelt die erste wirksame Luftpumpe. Damit ist es
Robert Boyle möglich, Experimente an Tieren durchzuführen (Dekompression).
1667: Robert Boyle, englischer Physiker und Urheber von Boyle 's Gesetz,
beobachtet eine Gasblase im Auge einer Viper, die durch einen simulierten
Tauchgang entstand. Er schreibt: "Ich habe eine sehr offensichtliche Blase
im Auge einer Viper gesehen, die sich von einer Seite zur anderen bewegte.
Gleichzeitig machte das Tier keinen guten Eindruck." Dies ist die erste
bekannte Aufzeichnung einer Dekompressionskrankheit oder "Bends".
1690: Edmund Halley (ein Komet wurde nach ihm benannt) ließ eine
Taucherglocke patentieren, die über eine Leitung mit luftgefüllten Fässern
verbunden war. Sowohl die Glocke, als auch die Fässer wurden in die Tiefe
hinabgelassen, wobei sich die Taucher in der Glocke befanden. Tauchgänge von
über 18 Metern für 90 Minuten werden damit gemacht. Es wurde bewiesen, dass
Tauchglocken praktikable Geräte sind.
1715: Der Engländer John Lethbridge baut einen "Tauchapparat"
- ein Zylinder aus Eichenholz, der von der Oberfläche mit Pressluft versorgt
wird. In diesem Gerät konnte ein Taucher für 30 Minuten in 18m Tiefe bleiben
und die Arme ausstrecken, um Unterwasserarbeiten durchzuführen. Dabei wurde
eine Art Handschuh aus gefettetem Leder benutzt, um Wasser aus dem Zylinder
fernzuhalten. Dieser "Tauchapparat" soll mehrere Jahre erfolgreich
benutzt worden sein.
Grafik 1: Halley 's Tauchglocke, spätes 17. Jahrhundert. Beschwerte Fässer mit
Luft erneuern die Atmosphäre der Glocke (U.S. Navy Diving Manual)
1776: Erster bekannter Angriff eines U-Bootes - Die amerikanische
"Turtle" gegen die HMS Eagle, im Hafen von New York
1788: Der Amerikaner John Smeaton verfeinert das Prinzip der
Taucherglocke. Er benutzt nun eine handbetriebene Pumpe, um Frischluft in die
Glocke zu bringen. Ein Richtungsventil verhindert das Zurückströmen der Luft
aus der Glocke durch den Schlauch, wenn man aufhört zu pumpen. 1790 wird
Smeatons Glocke im Hafen von Ramsgate (England) bei Bergungsarbeiten benutzt.
10 Jahre später findet man diese Technik in allen großen Häfen.
1823: Charles Anthony Deane, ein englischer Erfinder, läßt seinen
"Rauchhelm" für die Brandbekämpfung patentieren. Wenige Jahre später
wird dieser auch zum Tauchen benutzt. Der Helm wird über den Kopf eines
Tauchers gestülpt und dort mit Gewichten festgehalten. Die Luftversorgung
erfolgt über einen Schlauch von der Oberfläche. 1828 vermarkten Charles und
sein Bruder John Deane diesen Helm zusammen mit einem "Tauchanzug".
Der Anzug wird nicht wasserdicht am Helm befestigt, sondern nur mit Gurten "angebunden".
Der Taucher kann sich nicht nach vorn Überbeugen ohne das Ertrinken zu
riskieren. Aber auch so wurde dieses System erfolgreich für Unterwasserarbeiten
benutzt. So z.B. bei der Bergung von Kanonen von der "Royal George"
von 1834-35 (siehe auch 1839).
1825: "Das erste praktikable Tauchgerät" wurde von dem
Engländer William James erfunden. Es handelt sich dabei um eine Art
zylindrisches Luftreservoir, welches vom Taucher um den Rumpf getragen wird. Es
arbeitete mit einem Druck von 30 bar. Unklar ist aber, ob dieses Gerät je zum
Tauchen benutzt wurde. Auch andere Erfinder arbeiteten zu dieser Zeit an
Unterwasser - Atemgeräten (Orig.: scuba - self contained underwater breathing
apparatus).
1837: Der in Deutschland geborene und in England lebende Erfinder August
Siebe verbindet den Taucherhelm der Gebrüder Deane (siehe 1823) wasserdicht mit
einem luftgefüllten Gummianzug. Dieser geschlossene Tauchanzug ist mit einer
Pumpe an der Wasseroberfläche verbunden. Es wird der erste wirklich effektive
Standartanzug und er ist der Prototyp der auch noch heute eingesetzten
Helmtauchgeräte. In seinem Nachruf wird Siebe als der Urvater des Tauchens
bezeichnet.
Grafik 2: Siebes früher Tauchanzug (U.S. Navy Diving Manual)
1839: Siebes Tauchanzug wird während der Bergung des britischen
Kriegsschiffes HMS Royal George benutzt. Das Schiff sank 1783 mit 108 Kanonen an
Bord auf 20 Meter Wassertiefe bei Spithead. Das erprobte Helmtauchgerät von
Siebe wird nun auch zum Standart für die königlichen Ingenieure. Während dieser
Bergungsaktion, welche bis 1843 dauerte, berichteten Taucher erstmals von
Problemen mit Rheumatismus und Kälte. Zweifellos wurden damals auch die
Symptome der Dekompressionskrankheit beschrieben. Bei dieser Bergungsaktion
wurde erstmals die Anwendung des Partnersystems eingeführt.
1843: Als Ergebnis der Erfahrungen, die man bei der Bergung der HMS Royal
George gewann, wurde die erste Tauchschule durch die Royal Navy gegründet.
1865: Die Franzosen Benoit Rouquayrol und Auguste Denayrouse, ein
Bergbauingenieur und ein Marineleutnant patentieren einen Apparat für das Atmen
unter Wasser. Es bestand aus einem Stahlbehälter für Pressluft (ca. 17 - 24
bar) auf dem Rücken des Tauchers, welcher über eine Anordnung von Ventilen mit
einem Mundstück verbunden war. Dieses, auch "Aerophore" genannte
Gerät, lieferte nur dann Luft, wenn der Taucher eingeatmet hat. Dies geschah
u.a. über eine Steuermembrane, die auch den Umgebungsdruck berücksichtigte -
also praktisch der erste Atemregler. Der Taucher war über einen Schlauch mit
der Oberfläche verbunden, durch den frische Luft in seinen Niederdrucktank
gefördert wurde. Es war aber auch möglich das Halteseil zu lösen und nur mit
dem Tank auf dem Rücken kurzzeitig frei zu tauchen. Die "Aerophore"
ist der Vorläufer der modernen Tauchausrüstung. Der Apparat wird von der
französischen und anderen Marinen für mehrere Jahre benutzt und ist auch aus
Jules Vernes Roman "20.000 Meilen unter dem Meer" bekannt.
1873: Der Chirurg Dr. Andrew H. Smith beschreibt in seinem formellen
Bericht an die New York Bridge Company, wie beim Brückenbau eingesetzte
Arbeiter nach Verlassen der verwendeten Senkkästen Symptome der
Dekompressionskrankheit (Bends) bekamen. (Bends war ein weit verbreitetes
Problem für die Arbeiter. Davon war auch der Chefingenieur Washington Roebling
betroffen. Er bekam eine schwere, aber nicht tödliche Dekompressionskrankheit,
unter der er fortan ständig zu leiden hatte.) Während Smith seinen Bericht
schrieb, in dem er den Einsatz von Rekompressionskammern für künftige Projekte
empfahl, wurde die Brücke fertiggestellt. In Smith's Bericht wurde die wahre
Ursache der Dekokrankheit, die Stickstoffbläschen, noch nicht erwähnt.
1876: Der englische Händler und Seefahrer Henry A. Fleuss entwickelte
das erste Tauchgerät, das mit reinem Sauerstoff, anstelle von Pressluft
betrieben wurde. Dieser Prototyp eines geschlossenen Kreislaufgerätes ist auch
der Vorläufer der modernern Geräte, wie sie heute z.B. von Militärtauchern
benutzt werden. Das ausgeatmete Kohlendioxid wird bei diesem Gerät von einem
Seil aufgenommen, das vorher in ätzender Pottasche eingeweicht wurde. So konnte
die Luft wieder eingeatmet werden und keine Blasen wurden in das Wasser
abgegeben. Die Tauchtiefen waren beschränkt (reiner Sauerstoff zeigt ab einer
Tiefe von ca. 10 Metern toxische Wirkungen - ein Fakt, den man damals auch
nicht kannte), aber der Apparat ermöglichte relativ lange Tauchzeiten von bis
zu 3 Stunden. 1880 wird dieses Gerät von dem berühmten englischen Taucher
Alexander Lambert verwendet, als er eine Klappe in einem gefluteten Tunnel
versiegeln sollte. Diese Klappe befand sich in 18m Tiefe und 300 Meter weit im
Tunnel.
Grafik 3:.Die "Aerophore", wie sie in 1865 von Rouquayrol und
Denayrouse patentiert wurde (Historical Diving Society)
1878: Der Franzose Paul Bert veröffentlicht "La Pression
Barometrique", eine 1000seitige Arbeit, die sich mit den physiologischen
Auswirkungen von Druckveränderungen befasst. Er erklärt, dass die Ursache der
Dekompressionskrankheit die Gasbalsen des Sticksoffs im Körper sind und
empfiehlt einen allmählichen Aufstieg als eine Möglichkeit, dieses Problem zu
vermeiden. Weiterhin erkannte er, dass die Symptome durch eine Rekompression
vermindert werden können. Bert stellt die Verbindung zwischen Boyles Beobachtungen
einer Viper (siehe oben) im 17. Jhd. und den Symptomen der Presslufttaucher im
19. Jhd. her.
1908: 1906 wird John Scott Haldane, ein berühmter schottischer
Physiologe, von der britischen Regierung gebeten, auf dem Gebiet der Vermeidung
von Dekompressionskrankheiten zu forschen. Zwei Jahre später veröffentlichen
Haldane, Arthur E. Boycott und Guybon C. Damant ihr bahnbrechendes Werk:
"Die Verhütung der Dekompressionskrankheit" (Orig.: "The
Prevention of Compressed Air Illness"). Diese, an Ziegen durchgeführten
hyperbaren Experimente, waren die Grundlage für die Dekompressionsstopps beim
Auftauchen. Auf dieser Abhandlung basierende Austauchtabellen wurden bald von
der Royal Navy und dann auch von der U.S. Navy benutzt. Somit bewahrten sie
unzählige Taucher vor einem Dekompressionsunfall.
1912: Die amerikanische Marine prüft die Tabellen, die von Boykott,
Damant und Haldane veröffentlicht wurden.
1917: Das amerikanische Bureau of Construction & Repair führt als
erstes den Mark V Taucherhelm ein. Angeschlossen an einen Tiefseeanzug und
einen Versorgungsschlauch wurde er zu dem Arbeitsgerät der nächsten Jahrzehnte.
"Er wurde praktisch für alle Bergungsarbeiten auch während des 2.
Weltkrieges eingesetzt (...) und erst 1980 als Standartausrüstung der U.S. Navy
vom Nachfolgemodell MK 12 abgelöst" (U.S. Navy Diving Manual). Nur wenige
Veränderungen wurden im Laufe der Jahre vorgenommen und so unterschied sich das
letzte Modell nur leicht von der Version aus dem Jahre 1917.
20er Jahre: In den USA begann man mit Forschungen bezüglich des
Einsatzes von Helium-Sauerstoff Mischungen für das Tieftauchen. Zu Beginn das
2. Weltkrieges hatte man dadurch eine Monopolstellung auf diesem Gebiet.
1924: Erste experimentelle Tauchgänge mit Helium-Sauerstoff wurden von
der U.S. Navy und dem Bureau of Mines durchgeführt.
1930: William Beebe, ein Tauchpionier und Meeresbiologe taucht in einer
runden Bathysphäre auf 435 m ab. Diese wird an einem Stahlkabel vom
Mutterschiff gehalten. Über diesen Tauchgang schreibt Beebe später: "...In
diesem Augenblick (435 m) übermannte mich, bedingt durch die ganze Situation,
eine gewaltige Welle der Emotionen. Die Erkenntnis, dass dies zu dem Zeitpunkt
fast übermenschlich, ja kosmisch war. Unser Mutterschiff schaukelt hoch oben
leicht im gleissenden Sonnenlicht mitten im Ozean. Wie ein seidener Faden führt
das Verbindungskabel zu einer Sphäre in die Tiefe, in der luftdicht
verschlossen zwei menschliche Wesen sitzen und in die abgrundtiefe Dunkelheit
starren. Wir baumelten mitten im Wasser, isoliert wie ein verlorener Planet im
äußeren Weltraum."
30er Jahre: Guy Gilpatric, ein ehemaliger amerikanischer Pilot, der im
südlichen Frankreich wohnt, benutzt als erster Gummimasken mit eingesetzten
Gläsern zum Schnorcheln. Seit Mitte der 30er Jahre sind dann Maske, Flossen und
Schorchel allgemein gebräuchlich. Flossen wurden 1933 von dem Franzosen Louis
de Corlieu zum Patent angemeldet (er nannte sie "Schwimmpropeller")
und später dann weltweit von einem amerikanischen Unternehmer (Owen Churchill;
siehe 1940) verbreitet. Die moderne Maske (schließt im Unterschied zu einfachen
Schwimmbrillen Augen und Nase ein) entwickelte sich aus den Ideen verschiedener
Leute. Dazu gehören z.B. der Russe Alec Kramarenko und die Franzose Yves Le
Prieur und Maxime Forjot. 1934 berichtet Gilpatric von seinen Erlebnissen im
Mittelmeer für die Saturday Evening Post und 1938 veröffentlicht er sein Buch
"The Compleat Goggler" - das erste über das Sporttauchen und die
Unterwasserjagd. Unter den Lesern diese Buches war auch ein Leutnant der
französischen Marine namens Jacques Cousteau.
1933: Der erste Tauchsportclub wird in Kalifornien gegründet und nannte
sich "The Bottom Scratchers". Ein Jahr später fand sich in Frankreich
eine weitere Gruppe von Amateurtauchern zusammen und gründete den "Club
des Sous-l'Eau" in Paris. Vordergründiges Interesse dieser und ähnlicher
Vereine galt dem Speerfischen bzw. Harpunieren.
1933: Yves Le Prieur, ein Kapitän der französischen Marine modifiziert
die Erfindung von Rouquayrol und Denayrouse. Er kombiniert ein Ventil mit einer
Hochdruckpressluftflasche (100 bar) und dies gab dem Taucher vollständige
Bewegungsfreiheit und Unabhängigkeit von Schläuchen zur Oberfläche. Der Apparat
enthielt aber keinen Regler. Der Benutzer erhält frische Luft indem er einen
Hahn öffnet, während die ausgeatmete Luft über den Maskenrand ins Wasser
entweicht. (Ende der 30er Jahre benutzte auch Costeau dieses Gerät. Aber wie er
in "The Silent World" schreibt, erlaubte das kontinuierliche
entnehmen von Luft nur kurze Tauchgänge.) Ab 1935 wird dieses Tauchgerät von Le
Prieur auch von der französischen Marine genutzt.
1934: Am 15. August tauchen William Beebe und Otis Barton auf 923 m in
einer Bathysphäre nahe den Bermudas ab. Diese Rekordtiefe blieb für die
nächsten 14 Jahre unüberboten.
1936: Le Prieur gründet den ersten Club der Welt für das Tauchen mit
Tauchgeräten, den "Club of Divers and Underwater Life".
1938: Edgar End und Max Nohl machen den ersten geplanten
Sättigungstauchgang und verbringen 27 Stunden bei einer Tiefe von 31 Metern in
der Druckkammer eines Krankenhauses von Milwaukee. Die Dekompressionsphase
dauerte 5 Stunden und einer der beiden (Nohl) bekam die
Dekompressionskrankheit.
1939: Die erste vollständig erfolgreiche Rettung der Mannschaft aus einem
gesunkenen U-Boot wurde durchgeführt. Am 23. Mai sank die USS Squalus, ein
neues 95 Meter Unterseeboot, während eines Testtauchgangs im Nordatlantik auf
73 m Tiefe. 26 Männer ertranken sofort in den gefluteten hinteren Sektionen. In
den vorderen Bereichen befand sich noch genug Luft, so dass die restliche
33köpfige Besatzung (einschließlich des Kapitäns) mehrere Tage überleben
konnte. In wenigen Stunden wurde die größte U-Boot-Rettung dieser Zeit
gestartet. Bis Mitternacht vom 25. Mai konnten alle 33 Männer mit einer
neuartigen Taucherglocke, der McCann-Ericson-Kammer gerettet werden. Die Kammer
dockte über einer der Ausstiegsluken an dem gesunkenen U-Boot an. Als dann die
Luken der Rettungskapsel und die des U-Bootes geöffnet wurden konnten die Männer
bei einem Druck von einer Atmosphäre die Glocke betreten. Vier mal wurde dies
wiederholt um alle Männer zu retten. Auch das U-Boot wird später geborgen und
wiederhergestellt. Es trat dann als USS Sailfish in den 2. Weltkrieg ein.
Grafik 4: Ein Teil der McCann-Erickson Rettungskammer. (U.S. Diving
Manual)
1940: Erstes Produktionsjahr von Owen
Churchills Schwimmflossen. Anfangs wurden nur 946 Paare verkauft, aber später
steigerte sich die Produktion drastisch und Tausende werden an die Alliierten
veräußert.
1941-1944: Während des zweiten Weltkriegs benutzten italienische Taucher
geschlossene Kreislaufgeräte, um Minen an Schiffen der britischen Marine und an
Handelsschiffen anzubringen. Dabei operierten Sie von Mini-U-Booten aus. Später
bedienten sich die Briten dieser Technologie, um das deutsche Schlachtschiff
Tirpitz zu versenken.
1942-43: Jacques-Yves Cousteau (ein französischer Marineleutnant) und
Emile Gagnan (Ingenieur von Air Liquide, einer Pariser Erdgas-Gesellschaft)
arbeiten zusammen mit dem Ziel, einen Atemregler zu entwickeln, der schon bei
leichtem Einatmen automatisch Pressluft liefert. (Bis zu der Zeit lieferten
alle anderen Geräte die Luft noch ununterbrochen oder es musste ständig ein
Ventil geöffnet und wieder geschlossen werden. Aus unbekannten Gründen wurde
das Prinzip des von Rouquayrol und Denayrouse im 19. Jhd. entwickelten
bedarfsgesteuerten Reglers nie weiter verfolgt). Costeau und Gagnan versahen
ihren Regler mit Schläuchen und einem Mundstück und befestigten ihn an zwei
Pressluftflaschen. Im Januar 1943 wird diese Entwicklung von Costeau in der
kalten Marne (Fluss bei Paris) getestet. Nach einer Veränderung (Ein- uns
Ausatemventil wurden auf die selbe Höhe gebracht) patentierten sie den
"Aqua Lung"...
Der Gagnan-Cousteau Regler veränderte das Tauchen grundlegend. Der einfache
Aufbau und die solide Konstruktion machten ihn zu einem zuverlässigen und
preiswerten Atemregler für das Sporttauchen. Die begonnene Produktion des
Reglers bei Air Liquide konnte die Nachfrage kaum decken. Mitbewerber erkannten
das Potential dieser Technik und brachten gleiche, oder leicht modifizierte
Geräte auf den Markt... Diese Erfindung war eine technische Revolution. Wie die
portugiesischen, spanischen und chinesischen Forscher aus dem 15. Jhd., die ihr
Wissen über die Welt verdoppelten, trugen auch Gagnan und Costeau dazu bei,
einen großen Teil der Erde der Wissenschaft zu öffnen. Sie schufen für Wissenschaftler,
Ingenieure und Sportler die Möglichkeit zur umfangreichen Erforschung der Welt
unterhalb der Wasseroberfläche.
Sommer und Herbst 1943: Cousteau und zwei enge Freunde, Frederic Dumas
und Philippe Tailliez, machten über 500 Tauchgänge mit der Aqualunge und
erhöhten dabei allmählich die erreichten Tauchtiefen. Im Oktober taucht Dumas
während eines sorgfältig geplanten Tauchgangs auf 64 Meter ab und spürt
"l'ivresse des grandes profondeurs" - das Verlocken der großen
Tiefen.
1946: Cousteau's Aqua Lunge wird kommerziell in Frankreich vermarktet.
(In Großbritannien ab 1950, Kanada ab 1951 und USA ab 1952).
1947: Im August macht Dumas einen Rekordtauchgang mit dem Aqua Lung auf
94 m im Mittelmeer.
1948: Otis Barton erreicht in einer modifizierten Bathysphäre eine Tiefe
von 1372 Meter, vor der Küste von Kalifornien.
1951: Die erste Ausgabe einers Tauchermagazins erscheint in Dezember.
50er Jahre: Der Tauchsport verändert sich allmählich vom Schorcheln hin
zum Tauchen mit einem Tauchgerät. Tauchsportgeschäfte werden eröffnet.
1953: "The Silent World" wird veröffentlicht. Von Jacques
Cousteau mit der Hilfe von Frederic Dumas auf Englisch geschrieben, beschreibt
das Buch die Entwicklung und Erprobung der Cousteau-Gagnan Aqua Lunge.
1950: Trotz des technischen Erfolgs der Aqalunge wurden bis dahin nur 10
Geräte in die UAS exportiert. Der Importeur sagte Costeau, "dass der Markt
gesättigt sei".
50er Jahre: Der berühmte Schweizer Ballonfahrer August Picard richtet
seine Aufmerksamkeit auf die Tiefsee. Mit seinem Sohn Jacques entwickelt er ein
neues Gefährt, den Bathyscaph. Dieser war völlig unabhängig von der Oberfläche
und sollte tiefer tauchen können als eine Bathysphäre. Am 15. Februar 1954
bricht so ein Bathyscaph den 1948 von Barton aufgestellten Rekord und erreicht
vor der Küste von ehem. französisch Westafrika mit den Fahrern George S. Houot
und Pierre-Henri Willm eine Tiefe von 4050 Metern.
1957: Die erste Folge von "Sea Hunt" mit Lloyd Bridges als
Mike Hunt wird im Fernsehen ausgestrahlt. Dies veranlasst tausende Zuschauer
mit dem Tauchsport zu beginnen.
1960: Am 23. Januar erreichen Jacques Picard und der Marineleutnant Don
Walsh die Rekordtiefe von 10.918 Metern in einem von Picard entworfenen und in
der Schweiz gebauten Bathyscaphen, der "Trieste". Dieser Tauchgang
wird im Mariannengraben, 250 Meilen südwestlich von Guam, im Pazifik
durchgeführt, bei einem Wasserdruck von ca. 1100 bar und einer Temperatur von
3°C. Picard beobachtet etwas, das er später als "Plattfisch an der tiefsten
Stelle der Erde" bezeichnet. Er konnte aber kein Exemplar mitbringen. Die
"Trieste" verließ die Oberfläche um 8:22 Uhr vormittags, erreichte
die Maximaltiefe um 13:10 Uhr und ist um 16:30 Uhr wieder zurück. Niemand wird
je tiefer Tauchen (es sei denn, Ozeanographen entdecken noch eine tiefere
Stelle als den Mariannengraben).
60er Jahre: Als die Unfallzahlen der Taucher steigen werden die ersten
Organisationen gegründet um Taucher auszubilden und zu zertifizieren. (z.B.
NAUI 1960, PADI 1966...)
1962: Anfang 1962 werden mehrere
Experimente mit Unterwasser-Stationen durchgeführt. Menschen verlassen diese
Stationen mit Tauchgeräten für ihre Forschungen und kommen dann zum Schlafen,
Essen und Entspannen wieder zurück. Diese Lebensräume werden von der Oberfläche
mit Luft versorgt. Das erste Experiment dieser Art, "Conshelf One",
wurde im September 1962 durchgeführt. Unter den wachsamen Augen von Jacques
Cousteau und seinem Team, verbrachten Albert Falco und Claude Wesley 7 Tage in
einer Station, die sie "Diogenes" nannten, nahe Marseille in 10 m
Wassertiefe. "Diogenes ist eine gewaltige Aqualunge, in die sich Falco
und Wesley zum Aufwärmen, Essen und Schlafen zurückzogen. Sie ist wie die
Luftblase, die von einer Wasserspinne mit nach unten genommen wird, um länger
tauchen zu können. Die 5 Stunden ausserhalb waren für unsere Männer wichtiger
als die 19 Stunden in der Station." (Cousteau 1963)
1963-1965: 1963 leben acht Taucher in der "Conshelf Two" für
einen Monat im Roten Meer. Weitere Stationen dieser Periode waren: Sealab I
(1964), Sealab II (1965) und Conshelf Three (1965) in dem der ehemalige
Astronaut Scott Carpenter und andere einen Monat in 60m Tiefe vor Südfrankreich
verbrachten.
1967: PADI bildet im erten Jahr des Bestehens 3226 Taucher aus
1968: Am 14. Oktober tauchen John J. Gruener und R. Neal Watson vor den
Bahamas mit Pressluft auf 133 m. Dieser Rekord wird erst 1990 gebrochen.
70er Jahre: Wichtige Entwicklungen in der Tauchtechnik und für die
Tauchsicherheit werden eigeführt:
Ein Tauchschein (Zertifikat) ist erforderlich, um Flaschen füllen zu lassen
oder Ausrüstung auszuleihen. Die Ventile mit Reservewarneinrichtung werden
allmählich von Flaschenventilen ohne Reserve abgelöst, da man Finimeter
benutzten konnte. Tarierhilfen und Einschlauchregler werden fester Bestandteil
der Tauchausrüstung (vorher wurden Zweischlauch - Regler eingesetzt).
1980: DAN (Divers Alert Network) wird als gemeinnützige Organisation für
Tauchsicherheit an der Duke University geründet
1983: Der erste kommerziell verfügbare Tauchcomputer, der "Orca
Edge", wird eingeführt. Im nächsten Jahrzehnt werden diverse Modelle
entwickelt und sie gehören bald zur Standartausrüstung für Sporttaucher.
1985: Ein U.S.-französisches Team unter Leitung von Robert Ballard
findet mit einer vom Mutterschiff ferngesteuerten Kamera das Wrack der
"Titanic". Das in 2 Teile zerbrochene Schiff liegt in 3660 m Tiefe
ca. 400 Meilen nordöstlich von New York. Am 15. April rammte die Titanic auf
ihrer Jungefernfahrt einen Eisberg und sank innerhalb von 3 Stunden. Sie war
das größte Schiff dieser Zeit. 1522 Passagiere und Crew-Mitglieder kamen dabei
ums Leben. Seit 1985 bergen sowohl die USA als auch Frankreich Teile und
Gegenstände des Wracks.
90er Jahre: Allein den USA werden jährlich ca. 500.000 neue Taucher
ausgebildet, neue Tauchmagazine kommen auf den Markt, Tauchcomputer werden weit
verbreitet, Tauchtourismus wird zu einem großen Wirtschaftszweig... Das
technisch orientierte Tauchen (technical diving) verbreitet sich - Amateure,
die fortschrittliche Technologien nutzen (Mischgase, Vollgesichtsmasken,
Kommunikation, Scooter u.s.w.)
Anmerkung : Alle Tiefen- und Druckangaben wurden von mir in bei uns
gebräuchliche Formen umgerechnet und dabei je nach Zusammenhang mehr oder
weniger stark gerundet.