Die Huldelfe

 

Es war einmal eine arme Witwe, die lebte mir ihrem Sohn tief im Wald. Bei seiner Geburt war eine seltsame alte Frau erschienen und hatte um Obdach gebeten. Sie hielt sich an einem langen Stab fest, ging gebückt und zitterte vor Kälte. Sie wurde reichlich bewirtet und auch die Unterkunft wurde ihr gewährt.

Am nächsten Morgen stand die Frau früh auf. Die Hausfrau stutzte, sah die Frau nicht anders aus ? Mit schönem und sanftem Antlitz wiegte sie das Neugeborene und prophezeite dem Jungen Glück und Gesundheit für sein Leben, worauf sie schnell und geschmeidig davon ging. Nun erkannten alle, wer da ins Haus gekommen war.....eine Huldelfe.

Die Mutter verwitwete früh, der Junge wuchs schnell zum Mann heran. Er war männlich, intelligent, eine wahre Freude für die Witwe. Als er eines Tages im Wald Ziegen hütete, erschien ihm eine gute Elfe und sagte ihm, das es nun Zeit sei, seine Laufbahn zu beginnen. Der Junge fragte nach dem ihm vorbestimmten Weg, doch die Elfe sagte nichts. Sie bestellte ihn aber für den nächsten heiligen Donnerstag zur selben Stelle. Dann sollte er alles erfahren und für die Freundlichkeit seiner Eltern belohnt werden, die trotz der eigenen Armut ein altes Weib mit Wärme und Nahrung versorgt hatten.

Abends berichtete er seiner Mutter von der Begegnung und sie erinnerte sich an den merkwürdigen Besuch am Tage seiner Geburt und an die Prophezeiung von Glück und Gesundheit. Sie schickte ihn zu dem vereinbarten Platz und riet ihm, nie einen Bedürftigen abzuweisen, überhaupt niemanden dem er helfen konnte.

So wartete er und als die Huldelfe kam gebot sie ihm, zu folgen. Immer tiefer in den Wald führte sie der Weg und bald merkte der Junge, dass sie auf einem Ameisenweg liefen. Darum hielt er sich seitlich, um ja keine von ihnen zu zertreten. Sie kamen an eine Quelle und rasteten dort. Eine Ameise war ins Wasser gefallen und kämpfte ums Überleben. Da nahm der Junge ein Blatt und half dem Tierchen heraus, brachte es zum Ameisenhügel.  Die Huldelfe lächelte und lobte seine Umsicht, die ihr gezeigt hatte, dass es zum König bestimmt sei.

Die Rettung der Ameise lohnte sie ihm mit einer Gabe. Er konnte sich nun in eine Ameise verwandeln, wenn es ihm nützlich schien. Danach sollte er aus der Quelle trinken, denn dann würde sein Arm im Kampf nie ermüden, kein Zauber ihn angreifen können und überhaupt kein Feind ihn schlagen. Sie reichte ihm dreimal von dem Wasser und schickte ihn dann auf einen Weg, dem er folgen sollte. Sie selbst ging einen anderen.

Das Wasser wirkte Wunder, nicht nur körperlich, denn plötzlich wusste er Dinge, die er nie gelernt hatte. Er wanderte einige Tage, bis er ein anderes Königreich erreichte. Dort sprach er mit dem ersten Mann, der ihm begegnete und fragte nach dem Neusten im Land. Dieser antworte ihm, das der König immer noch von einer Gemütskrankheit befallen sei, für die es scheinbar keine Heilung gäbe. Eine Audienz sei unmöglich, da der Thronfolger niemanden vor lassen würde und alle Eingänge mit starken Wachen besetzt wären.

Eine kleine Ameise kroch abends ganz unentdeckt in die Gemächer und plötzlich stand der junge Mann vor dem König, grüßte ehrerbietig und fragte nach der Ursache seines Kummers. Der König antworte schließlich, er habe Grund zur Trauer, denn seine einzige Tochter sei geraubt worden und in einem Berg gefangen, seine Quelle sei vertrocknet und sein bester Baum trage keine Früchte mehr. Sollte er helfen, dann bekäme er als Lohn die Hand seiner Tochter und das Königreich.

Als Ameise kroch er wieder hinaus und machte sich auf den Weg zum großen Fluss. Drei Tage später traf er auf eine Fähre, wo ein alter Mann auf einem Baumstumpf saß. Ihn bat der Junge, ihn zu dem Berg zu bringen. Der alte Mann antwortete, dass er schon viele hinübergebracht hätte, aber nie jemand zurückgekommen sei, er wäre schon seit über dreihundert Jahren der Fährmann. Welcher Fluch denn auf ihm laste, fragte der Junge. Der alte Mann gab zu, Mutter und Vater verflucht zu haben. Erlöst werden könne er nur, wenn der Baumstumpf wieder grün und belaubt wäre. Schweigend ruderte er die Fähre hinüber.

Als Ameise kletterte der Junge den Berg hinauf, immer nach einer Spalte schauend. Schließlich entdeckte er einen Eingang zum großen Saal des Bergriesen. Dieser war nicht da, aber die Prinzessin saß dort. Sie war erfreut und versteckte den jungen Mann dann auch vor dem Riesen. Als der Riese kam, wütete er und sagte sofort, er rieche Menschenblut. Die Prinzessin berichtete ihm von einem Raben, der mit einem Männerschenkel im Schnabel vorbeigeflogen sei. Drei Tropfen Blut wären hinabgefallen. Der Riese grunzte und beruhigte sich.

Als der Riese sich niederlegte, befahl er der Prinzessin, ihn das Haar zu kraulen, damit er schneller einschlafen würde. So tat sie es, doch bald stellte sie sich schlafend und riss ihm einige Haare aus. Hochschreckend fragte sie der Riese, was in sie gefahren sei. Die Prinzessin berichtete ihm von einem wunderschönen Traum, in dem sie den Garten ihres Vater gesehen habe, doch sei die Quelle vertrocknet gewesen. Der Reise grunzte, dass dem so sein, denn er habe einen Stein geschleudert und damit weit unten die Adern verstopft.

Der Riese schlief wieder ein und abermals riss ihm die Prinzessin einige Haare aus. Als er hochfuhr, berichtete sie abermals von einem Traum, in dem ihr diesmal der verdörrte Baum erschienen sei. Der Riese erzählte ihr, dass es nicht seine Schuld sei, der böse Thronfolger, der ihren Bruder ermorden ließ, wäre hier verantwortlich. Er hatte von einem wilden Tier, dass den Jungen getötet hätte, berichtet, obwohl er die Tat selbst verübt hatte. Erst wenn diese Tat gerächt und die Leiche des Knaben ausgegraben wäre, würde auch der Baum wieder Früchte tragen.

Die Prozedur wiederholte sich, diesmal hatte die Prinzessin angeblich von dem Fährmann geträumt, für den es keine Erlösung gäbe. Der Riese sprach, die gäbe es. Neben seinem Schwert an der Wand hinge eine Flasche Lebenswasser. Würde nun der Baumstumpf mit diesem gegossen, würde er sprießen und der alte Mann erlöst.

Doch damit war nun sein Schlaf noch nicht gesichert. Plötzlich schrie die Prinzessin auf und der Riese erwachte erneut. Nun träumte sie angeblich von einem Mann, der in die Berge kam und den Riesen tötete. Er beruhigte sie und berichtete, dass er nur von jemandem erschlagen werden könne, der aus der Quelle getrunken hätte und sein Schwert führen könnte, denn nur mit diesem wäre es machbar. Nun wollte er keine Träume mehr dulden, ließ sich erneut nieder und schnarchte schon bald, dass der ganze Berg zitterte.

Der junge Mann kam aus seinem Versteck, nahm das Schwert von der Wand, dass er mit Leichtigkeit führen konnte und trennte dem Riesen den Kopf vom Rumpf. Die Prinzessin erschrak zwar, war aber über die Befreiung so froh, dass sie nicht weiter daran dachte. Der junge Mann gefiel ihr gut und sie entschloss sich Liebe und Treue für ihn zu empfinden. Die beiden stärkten sich und nahmen von den Schätzen des Riesen mit, was sie tragen konnten.

Sie machten sich auf den Weg und hielten zuerst beim Fährmann. Sie gossen den Baumstumpf mit dem Lebenswasser und als dieser ergrünte, da wurde der alte Mann erlöst, er zerfiel zu Asche.

Am Abend erreichten sie das Schloss. Die Prinzessin klopfte an die Tür eines treuen Dieners, der sofort andere herbei rief. Sie beschlossen, morgens den Stein aus der Quelle zu fischen, damit sie wieder sprudeln konnte. Dann sollte der Prinz ausgegraben und anschließend der Verräter ins Verlies gesperrt werden. So geschah es. Die Quelle sprudelte wieder, der Baum trug Früchte und die Prinzessin stand unter dem Baum, als der König hinaus trat, nachdem er von den Wundern erfahren hatte. Sogleich leitete er die Hochzeit in die Wege. Die Feierlichkeiten dauerten mehrere Tage an. Das Volk war überglücklich, von der Knechtschaft befreit zu sein.

Die Witwe saß immer noch in ihrem Haus und schlachtete Ziege um Ziege. Nun hatte sie fast nichts mehr zu essen. Eines Tages wurde es draußen laut und inmitten vieler Pferde und Kutschen fuhr eine goldene direkt auf ihr Haus zu. Ein schöner junger Mann und seine Frau stiegen aus. Sie traten in die Stube und der Mann fragte die Witwe, ob sie ihren eigenen Sohn nicht erkenne. Anfangs zögerte sie, doch dann umarmte sie den Verlorengeglaubten innig. Die beiden nahmen sie mit zum Schloss, wo sie von nun an ihre Tage in Ruhe und Fröhlichkeit verbrachte.

Der junge König war sehr beliebt beim Volk und wurde berühmt dafür, dass er in seiner Jugend nicht einmal eine Ameise zerquetschen wollte und nun auch nicht die geringste Gewalt oder Ungerechtigkeit duldete. Er regierte weise ein sehr glückliches Land. Die junge Königin bereute es nie, den Jungen einer armen Witwe geheiratet zu haben.

 

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