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dignitas

Wie die folgenden drei Belegstellen nahelegen:

(1) Formae autem dignitas coloris bonitate tuenda est, color exercitationibus corporis.
(Cicero, De officiis I 130)
„Die Würde aber der äußeren Erscheinung muss durch die Güte der Hautfarbe geschützt werden, die Hautfarbe durch Übungen des Körpers.“
(2) Vacandum autem omni est animi perturbatione – cum cupiditate et metu tum etiam aegritudine et voluptate –, ut tranquillitas animi et securitas adsit, quae affert cum constantiam tum etiam dignitatem.
(Cicero, De officiis I 69)
„Man muss aber von jeder Erregung der Seele frei sein – sowohl von Begierde und Furcht, als auch besonders von Schmerz und Lust, damit Seelenruhe und Gelassenheit herrscht, die sowohl Standhaftigkeit als auch besonders Würde bewirkt.“ [1]
(3) Unum hoc proelium superest; quo confecto et ille suam dignitatem et nos nostram libertatem reciperabimus.
(Caesar, bellum civile III 91)
„Diese eine Schlacht ist übrig; wenn sie beendet worden sein wird, wird jener <gemeint ist Caesar> seine Würde und werden wir unsere Freiheit wiedererlangen.“

führt die Übersetzung von dignitas mit „Würde“ in die Irre, wenn man darunter eine unverlierbare, keine Grade zulassende Eigenschaft versteht, die dem Menschen als Mensch [2] oder zumindest als einem Wesen zukommen soll, das unter dem Gesichtspunkt der Moral handeln kann [3].

dignitas ist einer der zentralen, ja vielleicht der zentralste Begriff der politischen und sozialen Sphäre in Rom. … dignitas bedeutet … prägnant Stellung und Geltung im öffentlichen Leben, oder Rang, sowohl in dem Sinne wie wir einer Person oder Sache einen hohen Rang zuerkennen, wie in dem engeren, in dem wir von Rangstufen, Rangdienstalter usw. sprechen. Einfach und faßlich formuliert also ist dignitas gleich der Ordensschnalle auf der Brust und gleich den Achselstücken auf der Schulter. [4]

Dignitas … hat nichts zu tun mit dignus in der Bedeutung würdig, sondern ist seinem Ursprung von decus <Zierde, Schmuck, Glanz, Schönheit>, zu dem dignus als Adjektiv gehört, treu geblieben: dignitas ist das zu decus gehörige Abstraktum, mit diesem oftmals fast gleichbedeutend …“ [5]

Anmerkungen

1) Andere Übersetzungen für dignitas an dieser Stelle sind „self-respect“ Holden [Hubert Ashton Holden „Tulli Ciceronis, DE OFFICIIS LIBRI TRES with Introduction and Commentary“, Amsterdam 1966 (Nachdruck der Ausgabe von 1899)] und „Ehrgefühl“ Gunermann [Gunermann, H. „Marcus Tullius Cicero, De officiis – Vom pflichtgemäßen Handeln“, Stuttgart 1984].
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2) Siehe Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
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3) Vergleiche Immanuel Kant: „die Sittlichkeit und die Menschheit, sofern sie derselben fähig ist, <ist> dasjenige, was allein Würde hat“ in seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (abgedruckt in der Ausgabe von Karl Vorländer, Hamburg 1965, auf S. 58)
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4) Hans Drexler „Dignitas“, abgedruckt in: Richard Klein (Hrsg.) „Das Staatsdenken der Römer“, 3. Auflage, Darmstadt 1980, S. 232
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5) Hans Drexler, a. a. O., S. 233
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URI dieser Seite: <http://www.ewetel.net/~martin.bode/dignitas.html>, zuletzt geändert: 2010-04-05

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