| Die große Verschwendung
Wie effizient nutzen wir Energie?

Wer einen Gasanschluß hat, sollte auch mit Gas kochen,
das ist wesentlich effizienter.
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1999 wurden in Deutschland 484 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten an Energie
eingesetzt. Zu dieser so genannten Primärenergie zählen alle importierten oder
heimischen Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas, Uran, Wasserkraft, Biomasse etc.).
Der größte Teil der Energie geht bei der Umwandlung in andere Energieformen (z.B.
Strom) verloren (s. Energieflußbild). Nur ein Drittel
der Primärenergie steht als Nutzenergie zur Verfügung. Denn wir sind wir ja nicht
scharf auf Öl, Strom oder Benzin, sondern auf eine warme Dusche, Licht und auf ein
Auto, das fährt. Fast immer gibt es mehrere unterschiedlich effektive Möglichkeiten,
eine solche Energiedienstleistung zu erbringen. Duschwasser kann durch eine
Solaranlage, durch Verbrennung von Gas in einem Heizkessel oder auch mit einem
elektrischen Durchlauferhitzer erwärmt werden. Wasser auf einem Gasherd zu kochen,
benötigt nur etwa ein Drittel der Primärenergie, die bei einem Elektroherd
eingesetzt werden muss. Die Energiedienstleistung ist in beiden Fällen identisch -
Hauptsache, das Wasser ist warm. Allein durch eine Veränderung der Struktur der
Versorgung könnte in Deutschland viel Energie eingespart werden, ohne auf
Energiedienstleistungen verzichten zu müssen.
Warum sind viele Kraftwerke Energieschleudern?

Der Dampf im Kohlekraftwerk ist heißer als im AKW. Der Wirkungsgrad
besser und der Kühlturm kleiner.
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Kein Kraftwerk kann die eingesetzte Primärenergie vollständig in Arbeit oder Strom
umwandeln, kein heutiges und auch kein zukünftiges. Grund ist der zweite Hauptsatz
der Thermodynamik. Er sagt, dass eine Wärmekraftmaschine oder ein Kraftwerk die
hineingesteckte Energie immer nur zum Teil umwandeln kann; es entsteht immer
Abwärme. Um so wenig Wärme wie möglich zu vergeuden, sollte die Temperatur des
Prozesses möglichst hoch sein. Das ist jedoch nur begrenzt möglich. Die
Dampftemperatur eines Kernkraftwerks beträgt zum Beispiel etwas weniger als 300 °C.
Aus diesem Grund haben Kernkraftwerke im Vergleich zu anderen Wärmekraftwerken auch
den schlechtesten Wirkungsgrad von nur 35 Prozent.
Außerdem ist wichtig, wie die Prozessführung der Maschine konstruiert ist. Dabei
setzt die Thermodynamik allen möglichen Verbesserungen eine Grenze. Es kann nämlich
keine bessere Maschine zur Stromerzeugung geben als die nach dem französischen
Physiker Nicolaus Leonard Sadi Carnot benannte Carnot-Wärmekraftmaschine. Eine
solche Maschine mit kleinstmöglichen Verlusten wurde bisher nicht gebaut. Sie ist
ein theoretisches Konstrukt. Durch neue, hitzefeste Materialien tasten sich die
Ingenieure jedoch langsam an das theoretisch Denkbare heran. Moderne Kohlekraftwerke
erreichen Wirkungsgrade von 40 bis 47 Prozent, sogenannte
Gas-und-Dampf-Kraftwerke (GuD-Technik) liegen mit bis zu 60 Prozent noch weit
darüber.
Was bedeutet Kraft-Wärme-Kopplung?
Jedes Kraftwerk erzeugt Abwärme. Bei einem Großkraftwerk weitab von den Städten
verpufft sie und heizt zudem Flüsse und Atmosphäre auf. Für die riesige Wärmemenge
gibt es einfach nicht genügend Abnehmer und über weite Strecken lässt sich Wärme
nicht transportieren.
Eine Kombination aus Verbrennungmotor
bzw. Brennstoffzelle und Generator zur Produktion von Kraft (Strom) und Wärme nennt
man Blockheizkraftwerk (BHKW). |
Eine Alternative ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Anstelle eines großen
Kraftwerks werden viele kleine Heizkraftwerke gebaut; und zwar dort, wo Wärme auch
benötigt wird. Diese Kraftwerke erzeugen Strom und versorgen mit ihrer Abwärme
Wohnungen, Krankenhäuser oder Schulen in der Umgebung. Das funktioniert über ein
Leitungssystem, in dem die Heizwärme verteilt wird. So können etwa 85 Prozent der
Primärenergie genutzt werden (30 Prozent als Strom und 55 Prozent als Wärme). Durch
die eingesparte Energie rechnet sich ein solches Wärmeversorgungsnetz. Nahwärmenetze
sind sogar geradezu Voraussetzung für die sinnvolle Nutzung erneuerbarer
Energiequellen, zum Beispiel die Nutzung von Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplung. Denn
oftmals ist dabei nur eine größere Anlage praktikabel. Vorreiter bei dieser
Technologie sind Dänemark und die Niederlande, die schon 40 Prozent ihres Stroms in
Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen. In Deutschland sind es dagegen nur etwa 11 Prozent.
Der Wärmebedarf würde auch bei uns ausreichen, um auf diese Weise etwa 40 Prozent
des Stroms zu erzeugen - ein gewaltiges Einsparpotential. Doch von einer Trendwende
zu einer dezentralen Energieversorgung wollte die monopolisierte
Elektrizitätswirtschaft lange Zeit nichts wissen.
Wo entweicht Wärme?

Das Logo der Landesinitiative Zukunftsenergien, ein verkleinertes Wärmebild
des Landes. Im Ruhrgebiet und im Rheintal ist es
wärmer als in den Bergregionen an der östlichen Landesgrenze. |
Quarks & Co hat sich zusammen mit einem Experten für die Aufnahme von Wärmebildern,
einem Thermografen, auf die Suche nach Wärmelecks gemacht. Eine Echtzeit-
Infrarotkamera zeigt sofort, welche Oberflächentemperatur die Objekte haben. Unser
Film zeigte einige faszinierende Beispiele und sollte keine systematische
Bestandsaufnahme sein. Wir konnten aus der Luft messen, dass Rohre und Dächer eines
Stahlwerks auch an einem eisigen Wintertag immerhin 47 °C warm sind, oder dass die
Wassertemperatur in dem Außenbecken eines Schwimmbades mehr als 30 °C betrug. Auch
dass das Kühlwasser des Kohlekraftwerks Hamm-Uentrop die Lippe um 10 °C aufheizte
blieb unserem Wärmedetektiv nicht verborgen. Normalerweise benutzt man eine solche
Spezialkamera jedoch, um Wärmelecks an Gebäuden und Feuchtigkeitsschäden
auszumachen. Denn feuchte Wände verraten sich im Infrarotbild durch veränderte
thermische Eigenschaften.
Grüne Bildpunkte sind in diesen Bildern etwa so kalt wie die Außentemperatur, also
um Null Grad. Die Temperaturskala geht über gelb und orange zu rot, es entspricht
einer Oberflächentemperatur von 7,8 °C. Alles was noch wärmer ist, wird weiß
dargestellt. Zusätzlich wird links oben die Maximaltemperatur im Mittelfeld (weißer
Rahmen mit Kreuz) angezeigt. Zu sehen ist ein Stahlwerk, ein Schwimmbad mit
Außenbecken und die Einleitung von erwärmten Kühlwasser in die Lippe.
Reinhart Brüning und Martin Dreifert
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