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Folgend findet Ihr drei Absätze
aus „Deutsches Lesebuch II“ von P.Voss. Es wurde 1900 von der Königl.
Hofbuchhandlung vertrieben.
Die Seiten wurden eingescannt und entsprechen der damaligen Rechtschreibung. Vorwort
Die
jetzige deutsche Reichssprache wird auch Hochdeutsch
genannt.
Durch diese Benennung wird sie von der mit ihr nahe verwandten niederdeutschen oder
plattdeutschen Sprache unterschieden, die in Norddeutschland gesprochen
wird. Wie das
Hochdeutsche
sich aus dem
Mittelhochdeutschen entwickelt
hat, so
auch das
Niederdeutsche oder Plattdeutsche aus dem
Mittelniederdeutschen.
Diese letztere Sprache hat einen
ausserordentlich
grossen
Einfluss auf
unsre Muttersprache ausgeübt,
denn sie war die Sprache der mächtigen hanseatischen Städte Lübeck,
Bremen und Hamburg zu einer Zeit,
da die
Hansa die
mächtigste
Handelsmacht in ganz Nordeuropa war und, wie uns aus der schwedischen Geschichte bekannt ist, den
gesamten Verkehr Schwedens mit dem übrigen Europa beherrschte, zu einer Zeit,
da unsre Seestädte von norddeutschen Kaufleuten, Matrosen und Handwerkern wimmelten.
Die Blütezeit
der hochdeutschen Litteratursprache beginnt in
der Mitte des XVIII:ten Jahrhunderts.
Die stolzesten Dichternamen
jener Zeit sind Goethe und Schiller, deren Werke jedem gebildeten Schweden bekannt
sind.
Keine
andere Nation hat auf die geistige Entwickelung
des schwedischen
Volkes kräftiger eingewirkt als das Land, das Gutenberg, Luther,
Schiller und Goethe geboren hat.
C.
Svedelius. In
Värmland
(von
E.M. Arndt aus Reise durch Schweden) Alte
Sitten und Gebräuche in Schweden (Nach
E.M.Arndt, Reise durch Schweden)
So geht es in den Städten. Auf dem Lande wird das Alte noch mehr in Ehren
gehalten, und zwar nicht bloss von den Bauern, sondern auch von den Vornehmeren.
Der müsste einen schlechten Julverstand haben, der nicht mit seinen Freunden
und Nachbarn die acht Tage hinter einander munter verlebte. Vorzüglich munter hält
sich aber der liebe Bauernstand. Seit Weihnachtsabend sind die Tische gedeckt.
Schinken, Fleisch, Käse, Butter, gutes Bier und Branntwein sind aufgetragen,
und jeder der Ankommenden wird bewirtet;
ja er muss durchaus etwas essen, sonst nimmt er ihnen nach dem
Volksglauben die Julfreude mit weg. Es wird geschmaust, musiziert und getanzt.
Julgrütze und Julbrot gehören durchaus mit zum ersten Tage, hie und da auch
Stroh, das man in die Stuben streut. -- Nun noch einiges von besondern Gebräuchen
in dieser Zeit, die teils abgekommen sind, teils noch gelten. Den
Weihnachtsabend muss alles für die folgenden Tage bereitet werden, welche keine
schwere Arbeit kennen sollen. Man soll auch den Kettenhund lösen, das Vieh
etwas besser als gewöhnlich füttern, auf dass auch sie die fröhliche Zeit
ernehmen. In alter Zeit setzte man auch Julgrütze und andre Speise in
kleinen Schälchen
auf der Tenne hin und legte ein Röckchen dabei für den Tomtegubbe, damit er
fortführe, dem Hofe Glück und Gutes zuzutragen. Das Zimmer des Hauswirts, wo
gejubelt werden soll, wird mit weissen Decken oder bunten Teppichen behangen,
noch besser, wenn in den Teppich etwas gewebt ist,
was auf Geschichten dieses Tages hinspielt, als der Besuch der Engel oder
der Mohrenkönige oder die Kananitische Hochzeit. An vielen Stellen wird noch
der Boden mit langem Rockenstroh belegt, und das feinste Leinenzeug und die
Festkleider müssen in zierlicher Reihe paradieren. Alles im Hause wird
gewaschen, gefegt und gescheuert, und das Zinn, Messing und Silber muss
schimmernd auf seinen Brettern aufgepflanzt sein. Eine Strohkrone hängt mit
kleinen Zieraten an der Decke über dem lustigen Tisch, und kleine Knippchen
Roggenähren von Julstroh bindet die Magd im Hause zusammen und steckt sie zur
Seite des Daches und um die Decke umher. Sie sollen verkünden, wie viele Freier
sich an den festlichen Tagen melden sollen. keiner wollte zuletzt nach Hause kommen. Man glaubte, der Letzte hier werde das Jahr auch als Pflüger und Ernter und in andern fröh1ichen Dingen immer hintenan kommen. -- Alle solche Fröhlichkeit kommt doch immer mehr aus der Mode in der verständigen Zeit, worin wir leben, welche bei allem immer zuerst nach dem Nutzen fragt. |