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Die Eroberung des griechischen Ostens

Inhaltsverzeichnis

  1. Chronologie
  2. Ein „defensiver Imperialismus"?
    1. Bengtson
    2. Bleicken

Chronologie [1]

229-228 „Erster Illyrischer Krieg, Begründung der römischen Seeherrschaft in der Adria“ [2]
215-205 „Erster Makedonischer Krieg als Folge des Anschlusses Makedoniens an Hannibal".
205 „Philipp V. von Makedonien schließt in Phoinike in Epeiros (Epirus) einen Sonderfrieden mit Rom ohne Rücksicht auf Karthago.“
200-197 „Zweiter Makedonischer Krieg"
200 „Hilfsgesuche von Pergamon, Rhodos, Athen nach Rom wegen Ausdehnung der Macht Philipps V. von Makedonien. Kriegserklärung Roms an Philipp V. wegen Bündnisvertrags Philipps V. mit Antiochos III.“
197 „Sieg des T. Quinctius Flamininus über Philipp V. bei der Bergkette Kynoskephalai in Thessalien. Friedensschluß: Makedonien verzichtet auf die Herrschaft über Griechenland, bezahlt 1000 Talente Kriegsentschädigung und liefert seine Kriegsflotte bis auf sechs Schiffe an die Römer aus".
196 „T. Quinctius Flamininus erklärt bei den Isthmischen Spielen in Korinth nach Besiegung Makedoniens die griechischen Staaten für unabhängig. Römische Gesandte erheben bei dem Seleukiden Antiochos III. in Lysimacheia Einspruch gegen sein Übergreifen nach Europa.“
194 „Griechenland wird von den Römern geräumt, Freigabe der Hauptfestungen Demetrias, Chalkis und Akrokorinth, Triumph des Flamininus, griechische Statuen werden als Beute mitgeführt.“
192-188 „Krieg mit Antiochos III. (Syrischer Krieg) und den Aitolern"
192 „Antiochos III. verbündet sich mit den Aitolern gegen Rom und landet in Thessalien. Besetzung von Demetrias".
190 „Schlacht bei Magnesia am Berg Sipylos westlich von Sardes. Antiochos III. wird von L. Cornelius Scipio unter Mithilfe seines Bruders Africanus geschlagen".
188 „Friede von Apamea in Phrygien. Antiochos III. tritt das seleukidische Gebiet in Kleinasien an Pergamon und Rhodos ab, zahlt 15000 Talente in 12 Jahresraten und liefert seine Kriegsflotte bis auf zehn Schiffe aus".
171-168 „Dritter Makedonischer Krieg".
171 „Der Konsul P. Licinius Crassus besetzt Thessalien, Perseus siegt bei Sykurion".
170 „Erfolgloser römischer Angriff auf Makedonien unter dem Konsul A. Hostilius Mancinus. Die Versklavung kriegsgefangener Griechen im Krieg mit Makedonien wird durch den Senat verboten, Anordnung der Wiederfreilassung".
168 „21. Juni: L. Aemilius Paullus, Sohn des bei Cannae gefallenen Konsuls, besiegt Perseus in der Schlacht bei Pydna. Friedensschluß: Makedonien wird nach Aufhebung des Königtums in vier selbständige Teilstaaten ohne gegenseitigen Rechtsverkehr aufgelöst. Verfolgung der Römerfeinde in Griechenland, Deportierung der makedonischen Oberschicht und weiterer 1 000 Geiseln des Achäischen Bundes, darunter der Geschichtsschreiber Polybios, nach Italien. Vernichtungsfeldzug des L. Aemilius Paullus gegen die Molosser in Epeiros, 150 000 Versklavungen. Die Vermögenssteuer der römischen Bürger (tributum) wird infolge des großen Beutegewinns aus Makedonien aufgehoben".
167 „Verbot des Bergwerksbetriebs und der Gewinnung von Schiffsbauholz in Makedonien. Triumph des L. Aemilius Paullus in Rom, mitgeführt werden Perseus von Makedonien als Gefangener und 250 Wagenladungen griechischer Kunstwerke".
149 „Erhebung des Andriskos (Pseudophilippos) in Makedonien"
148 „Andriskos wird von dem Prätor Q. Caecilius Metellus Macedonicus geschlagen, Makedonien als Provinz (Macedonia) eingerichtet.“
146 „Die Erhebung des Achäischen Bundes in Griechenland wird durch den Sieg des Konsuls L. Mummius am Isthmos niedergeworfen. Zerstörung Korinths durch Mummius auf Senatsbeschluß, Versklavung der Bevölkerung; unterworfene griechische Gebiete (Achaea) werden der Provinzverwaltung Makedoniens unterstellt.“
143-142 „Die Erhebung des letzten makedonischen Prätendenten Philippos und seines Sklavenheeres wird vom Quästor L. Tremelius Scrofa niedergeworfen".

Ein „defensiver Imperialismus"?

Als Beispiel für unterschiedliche Beurteilungen der römischen Politik gegenüber dem griechischen Osten jeweils zwei Auszüge aus Hermann Bengtson „Geschichte der Alten Welt“, Frankfurt am Main 1989, und Jochen Bleicken „Geschichte der Römischen Republik“, 2. Aufl., München 1982:

Bengtson über den römischen Imperialismus

„Die Vorstellung, die Römer seien zu den Eroberungen nur gezwungen und gedrängt worden, ist nicht zutreffend, wenn auch diese Auffassung durch Mommsen mit seinem ,defensiven Imperialismus‘ Eingang in die Geschichtswerke gefunden hat. Allein schon das Verhalten der Römer nach dem 1. Punischen Krieg, als die Karthager durch den Söldneraufstand stark geschwächt waren und die Römer sich der Inseln Sardinien und Korsika bemächtigten, beweist das Gegenteil. Der 2. Römisch-Makedonische Krieg (200-197) ist die Fortsetzung des 1. Punischen Krieges, nur mit dem Unterschied, daß sich die Aktivitäten Roms nicht nach dem Westen, sondern nach dem Osten gewandt haben. Mit Sieg bei Kynoskephalai (197) hatte sich Rom eines Gegners entledigt, der ihm in Hellas im Wege stand, eine lebensbedrohende Gefahr war das makedonische Königreich für Rom nicht. Makedonien war militärisch und politisch zu einem Trabanten der Römer geworden. Eine eigene Politik war ihm von nun an untersagt.“ (S. 135-136)

„Die großen Kriege der Römer sind Ausdruck ihres Machtstrebens und ihrer Sucht nach Beute. Dies zeigt das Auftreten der Römer in Griechenland, Makedonien und Vorderasien.“ (S. 137)

Bleicken über den römischen Imperialismus

„Unmittelbar im Anschluß an den großen Krieg gegen die Karthager zogen die Römer gegen eine der drei Großmächte des griechischen Ostens zu Felde. Ein oberflächlicher Betrachter könnte aus der reinen Verknüpfung der Ereignisse schließen, daß die Römer nach der Eroberung des Westens nun an die Niederwerfung der griechischen Staaten im Osten gingen und ihnen also spätestens jetzt die Weltherrschaft als politisches Ziel vorschwebte. Tatsächlich liegen die Dinge nicht so einfach. Mit Philipp V. von Makedonien waren die Römer schon vor Ausbruch des Hannibalkrieges im illyrisch-adriatischen Bereich zusammengestoßen, wo hinter dem Dynasten Demetrios der makedonische Herrscher gestanden hatte, und auch während des Krieges hatte Philipp sogar als regulärer Bundesgenosse der Karthager gekämpft. Mußte deshalb Philipp schon von daher in den Augen der Römer als ein potentieller Gegner erscheinen, so gelangten in den Jahren vor Ausbruch des Krieges Nachrichten aus dem Osten nach Rom, die das bereits vorhandene Feindbild noch schärften. Nach dem Tode des Ptolemaios IV. Philopator (205/204) erlebte das bereits angeschlagene Ptolemäerreich unter der Minderjährigkeitsregierung Ptolemaios V. Epiphanes eine Zeit großer Schwäche. Das unter Antiochos III. aufstrebende Seleukidenreich nutzte diese Zeit, um gemeinsam mit dem Makedonenkönig über die zahlreichen ptolemäischen Außenbesitzungen an den Meerengen, in der Ägäis und in Kleinasien herzufallen; Antiochos marschierte sogar in das südliche Syrien ein. Die antike Historiographie weiß von einem formellen Teilungsvertrag zwischen Antiochos und Philipp zu berichten, der ca. 203/202 abgeschlossen worden sein soll; aber die Könige dürften sich auch ohne formellen Vertrag verständigt haben. Die Verlierer dieser Politik waren neben dem Ptolemäer die griechischen Mittelstaaten dieses Raumes, insbesondere Pergamon unter Attalos I. und die Inselrepublik Rhodos, die um territoriale und wirtschaftliche Interessen fürchten mußten. Diese informierten denn auch den römischen Senat und wußten die formelle oder faktische Koalition der beiden hellenistischen Großreiche in den düstersten Farben auszumalen. Der Senat war in griechischer Politik noch wenig bewandert, aber das Gespenst einer großen Koalition, wie man sie im Hannibalkrieg erlebt hatte, schien vor Augen zu stehen. So entschloß man sich zum Krieg. Der kriegsmüden römischen Volksversammlung mußte allerdings erst mit einigem Druck nachgeholfen werden (Zweiter Makedonischer Krieg).“ (S. 50-51)

„Auch in Griechenland gärte es <in der Mitte des 2. vchr. Jhds.>. Die Verelendung der Massen unter der römischen Herrschaft, in der auch das Wirtschaftsleben in den einst durch Handwerk und Handel blühenden Städten stagnierte, und das Gefühl der Demütigung bei den freiheitsliebenden, nationalstolzen Griechen machte viele zum Aufruhr bereit. Als daher 151 in Makedonien ein Mann namens Andriskos auftauchte und wegen einer Ähnlichkeit mit dem letzten Makedonenkönig Perseus behauptete, dessen Sohn zu sein, hatte er viel Zulauf. Etliche Städte fielen zu ihm ab, und sogar ein römischer Prätor wurde geschlagen. Erst der Prätor Q. Caecilius Metellus, später Macedonicus beigenannt, konnte den Prätendenten überwinden (148) und im Triumphzug durch Rom schleppen. Schlimmer war noch, daß 146 sogar der ganze Achäische Bund den angesichts der allgemeinen Lage beinahe wahnsinnig zu nennenden Entschluß faßte, Rom nach einem Eingriff in die Bundesverhältnisse den Gehorsam aufzusagen, und die Achäer fanden in Griechenland auch einige Verbündete (vor allem die Böoter). Verarmte und hungernde Massen in Mittel- und Südgriechenland haben für die Dynamik dieser Unruhen eine entscheidende Rolle gespielt; sie gaben dem Aufstand eine soziale Note und sind auch für die Schärfe der Auseinandersetzung und für deren irrationale Züge verantwortlich. Die Römer reagierten auf die Erhebung in einer von der Sache selbst nicht gerechtfertigten Härte. Der Konsul L. Mummius besiegte das achäische Aufgebot schließlich endgültig, brannte das Zentrum der Unruhe, Korinth, nieder (146) und zog, mit großer Beute, insbesondere mit zahllosen Kunstschätzen beladen, nach Italien zurück. In Konsequenz dieser Ereignisse wurde Makedonien nun in einen direkten Herrschaftsbezirk (Macedonia) umgewandelt und das übrige Griechenland von dem Statthalter dieser neuen Provinz mitverwaltet; der Achäische Bund wurde aufgelöst. Noch irrationaler als hier handelten die Römer gegenüber Karthago.“ (S. 57-58)

Anmerkungen

1) Alle Zitate – soweit nicht anders angegeben – aus: Siegfried Lauffer „Daten der griechischen und römischen Geschichte“, München 1987
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2) „… die Händel mit der kleinen, aber dynamischen illyrischen Herrschaft an der dalmatinischen Küste <waren> von italischen Interessen getragen: Das … Reich … bedrohte mit seinen ausgezeichneten kleinen Kaperschiffen den Handel des Adriatischen Raumes …“ (Jochen Bleicken „Geschichte der Römischen Republik“, 2. Aufl., München 1982, S. 46)
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