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Das römische Heer zur Zeit Caesars

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Aufbau des Heeres
  2. Die Gefechtsordnung der Legion
  3. Der Marsch
  4. Das Lager
  5. Der Proviant
  6. Disziplin
  7. Die Feldzeichen

Der Aufbau des Heeres

Das römische Heer war zur Zeit Caesars folgendermaßen organisiert: [1]

1 Legion
1 Kohorte
1 Manipel
1 Zenturie
= 10 Kohorten
= 3 Manipel
= 2 Zenturien
= 3600-6000 Mann
= 360- 600 Mann
= 120- 200 Mann
= 60- 100 Mann

„Für die Legionen Caesars i. J. 55 v. Chr. wurde eine Durchschnittsstärke von etwa 5 000 Mann errechnet, denen 80 Offiziere zuzuzählen sind. …

Als Verstärkung der Fußtruppen kamen angeworbene, nicht-römische auxilia (Hilfstruppen) zum Einsatz. Sie bestanden aus equites und leichtbewaffneten Spezialtruppen, die die italische leichte Infanterie und Kavallerie an Qualität weit übertrafen und im Lauf der Zeit ersetzten. Bekannt sind die treffsicheren sagittarii (Bogenschützen) aus Kreta und funditores (Schleuderer) von den Balearen. Die equites alariae (Reiter auf den Flügeln) rekrutierten sich als Kavallerie in Caesars Heer aus Numidern, Spanier, verbündeten Galliern und Germanen. Sie waren in turmae ('Schwadrone') zu je drei Decurien (je 10 Reitern) unterteilt. … Die Hauptaufgabe der Reiterei war nicht in erster Linie Einsatz in der Schlacht, sondern Aufklärung und Verfolgung. Ihre Effektivstärke lag wahrscheinlich bei 300 bis 400 Mann pro Legion. Beritten waren auch alle Legionsoffiziere. Als calones (Pferdeknechte) und muliones (Treiber) dienten in der Regel Sklaven. Die Zahl der calones wird auf 700 pro Legion, die der muliones auf 300 geschätzt. Einer Legion standen etwa 1.200 Lasttiere (muli) zur Verfügung, den Auxiliartruppen entsprechend weniger. … Für eine genaue Zahlenbestimmung der Hilfstruppen fehlen entsprechende Angaben im Text. Aber wenn Caesar bei einer Kriegslist im Feldzug gegen Ariovist zur Täuschung zwei Legionen aus Hilfstruppen erstellte (Gall. I 49,4 und 51,1), kann ihre Zahl mit 10 000 Infanteristen angesetzt werden, zu denen während der Gallienzüge noch 3 000 bis 4 000 Reiter gehört haben dürften. Insgesamt ergibt sich eine stattliche Zahl von Menschen und Tieren, wenn die Berechnung 10 Legionen zugrundelegt, die Caesar im 6. Kriegsjahr (nach Gall. VI 44,3) zur Verfügung hatte:

Kämpfende Truppe Legionare
Auxiliartruppen zu Fuß
Auxiliartruppen zu Pferd
50 000
10 000
 3 000 (bis 4 000)
---------------------------------
63 000 (bis 64 000)
Bedienungsmannschaften calones der Legionare
muliones der Legionare
calones und muliones der Auxiliartruppen
 7 000
 3 000

 1 000 (bis 1 500)
---------------------------------
11 000 (bis 11 500)
Reit- und Lasttiere equi der Reiterei
equi der Legionsführung
muli der Legionare
muli der Reiterei
muli der übrigen Auxiliartruppen
 3 000 (bis 4 000)
 1 000
12 000
 1 200
 2 000
---------------------------------
19 200 (bis 20 200)“ [2]

Die Gefechtsordnung der Legion

„Die häufigste Einsatzform der Legion war die acies triplex [dreifache Schlachtreihe], bei der vier Kohorten im ersten, drei im zweiten und drei im dritten Treffen zum Einsatz kamen. Dabei füllten die Kohorten der zweiten Reihe die Zwischenräume der ersten, die dritte Reihe verstärkte die Mitte und die Flügel:

Schlachtordnung

… Je nach Feindlage konnte auf eine acies duplex [doppelte Schlachtreihe] oder simplex [einfache Schlachtreihe] umgestellt werden, wie überhaupt von schablonenhafter Disposition abgerückt wurde. Die einzelnen Treffen waren sechs Mann tief gestaffelt, es blieb ein Abstand von knapp einem Meter zwischen den Soldaten. Die einzelnen Kohorten standen in einem Zwischenraum ihrer eigenen Breite zur nächsten. Bei einem Verhältnis von 4 : 3 : 3 ergibt also die acies triplex einer 5000 Mann starken Legion eine Frontbreite von etwa 500 bis 600 m (bei einer Tiefe von etwa 200 m).“ [3]

Der Marsch

„Das römische Heer marschierte meist im Legionsverband. Jeder Legion folgte der zu ihr gehörende Troß, eine Maultierkolonne zur Beförderung des ,großen Gepäcks‘ (impedimenta: Verpflegung, Zelte, Reservewaffen, Geschütze, Offiziersgepäck u. a.). Die Sicherung des Marsches übernahm die Reiterei. War mit Feindberührung zu rechnen, wurde der Troß zusammengefaßt, und es ergab sich folgende Ordnung des Gefechtsmarsches (iter expeditum):

Vorhut (agmen primum): Reiterei;
Gros (agmen): etwa drei Viertel der Legionen und der gesamte Troß;
Nachhut (agmen novissimum): etwa ein Viertel der Legionen.

Die Vorhut sicherte sich ihrerseits durch kleine Streiftrupps (antecursores, antecessores) vor Überraschungen. Unabhängig vom Marschschema waren kleinere Abteilungen des Aufklärungsdienstes (exploratores), die sich oft 20 km und mehr vor der marschierenden Truppe bewegten.

Die tägliche Marschleistung betrug im Durchschnitt 20 bis 25 km (iter iustum) und war natürlich abhängig von Gelände, Klima und Wetter. Jeder Marsch, der über die normalen Anforderungen hinausging, hieß iter magnum. [4]

In der Marschkolonne marschierten gewöhnlich sechs Mann nebeneinander (entsprechend der Tiefengliederung der Gefechtsordnung) mit drei Fuß (1 pes ca. 30 cm) Zwischenraum von Mann zu Mann (also ohne ,Tuchfühlung'). Jeder Soldat trug seine Waffen und das Marschgepäck (sarcina).

Die Gesamtbelastung des einzelnen Soldaten betrug einschließlich der Waffen etwa 30 kg. Die eigentliche Traglast, die u. a. aus Schanzgerät, Koch- und Trinkgeschirr und 2 kg Zwieback (als ,eiserner Ration') bestand, wurde, zu Einzelpaketen gebündelt, an einer langen Stange über der Schulter getragen. Ein Querbrett an der Schulterauflage verteilte die Druckwirkung. Die Normierung der Traglast war von Marius zur Entlastung des Trosses eingeführt worden …“ [5]

Das Lager

Seine Überlegenheit verdankte das römische Heer nicht seinen technischen Errungenschaften, sondern seiner Disziplin. Ausdruck dieser Disziplin ist der Lagerbau.

Die Römer waren die einzigen, die ein geschütztes Lager kannten. [6] Es bot Schutz bei Nacht und Rückzugsmöglichkeit für das geschlagene Heer.

Grundriss eines Lagers

„In Feindesland gehört der Bau eines befestigten Lagers zu den selbstverständlichen Pflichten der Legionäre. Auch nach erschöpfenden Märschen und verlustreichen Kämpfen muß der Soldat die Kraft zum Schanzen aufbringen, bevor er sich zur Ruhe legt.

Ein Vorkommando wählt das Gelände und steckt die äußeren Grenzen und den Platz für das Praetorium ab. Die anrückenden Legionen verteilen sich auf den Außenrand und beginnen die Arbeit. Jeder kennt seinen Platz und das Maß des anfallenden Arbeitspensums in Kubikmetern. Die Erde wird von außen nach innen geworfen. So entstehen Wall und Graben gleichzeitig. Der Graben, unten spitz zulaufend, ist etwa 5 m breit und 3,50 m tief, der Wall etwa 3,50 m hoch und breit. Auf dem fertiggestellten Wall werden Schanzpfähle, die entweder frische geschlagen oder – in holzarmen Gegenden – von Lager zu Lager mitgeschleppt werden, zur Errichtung von Brustwehren eingelassen.

Allen römischen Lagern liegt das gleiche Schema zugrunde: ein Rechteck mit zwei sich kreuzenden Geraden. Das Rechteck wurde von Wall und Graben gebildet. Die Geraden waren die beiden Hauptstraßen, die von vorn nach hinten und von rechts nach links verliefen und in die vier Lagertore mündeten. (Die Ausdrücke ,vorn‘ und ,hinten‘, ,rechts‘ und ,links‘ sind auf die Feindrichtung bezogen.)

Die via praetoria verbreiterte sich vom Hauptstraßenkreuz ab nach rückwärts zum forum. Hier standen das Feldherrnzelt (praetorium) und der Altar, an dem die Feldzeichen aufbewahrt wurden. Auf dem freien Platz hinter dem Feldherrnzelt konnten die Soldaten zum Befehlsempfang oder zur Ansprache versammelt werden. Eine kleine Erhöhung (suggestus, tribunal) diente dem Feldherrn dabei als Podium. In der Nähe der porta decumana schlug der Quästor seine Zelte für die ,Schreibstube‘ und ,Zahlmeisterei‘ auf (quaestorium). In den verbleibenden sechs Rechtecken waren die Legionen nach genau festgelegter Ordnung verteilt. Die Offizierszelte standen meist entlang der via principalis. Zwischen Wall und Zeltreihen blieb ein breiter Streifen aus Sicherheitsgründen frei (intervallum).“ [7]

„Die Größe eines Lagerplatzes hing natürlich von der Zahl der aufzunehmenden Soldaten ab: Von den durch Napoleon III. ausgegrabenen Lagern umfaßte das für 8 Legionen vorgesehene große Lager an der Axona (Aisne, s. Gall. II 5) über 40 ha, das vor Gergovia für 6 Legionen gebaute 36 ha (s. Gall. VII 34ff.). Das kleinste, nur für eine Legion ausreichende Lager hatte demnach eine Fläche von 5 bis 6 ha, das ergibt eine Länge von 1200 bis 1300 m für Wall und Graben.“ [8]

Der Proviant

„Legt man die oben angegebene Truppenstärke zugrunde, ergibt sich die immense Zahl von 65 000 Menschen und 20 000 Tieren, deren Verpflegung zu organisieren war. So mußten pro Tag für die legionarii 50 Tonnen Weizen, für die übrigen Mannschaften 25 Tonnen Weizen, für alle Tiere 20 Tonnen Gerste beschafft werden. Das erklärt die Sorge, die bei entsprechenden Passagen über Proviantfragen anklingt (z. B. Gall. I 16). Auf diesem Sektor sahen Kriegsgegner eine durchaus wirkungsvolle Kampftaktik, die beispielsweise bei der ersten Britannienexpedition Caesar zum Abbruch der Unternehmung zwang (Gall. IV 30ff.). Auch die Gallier forcierten mit fortschreitender Kriegsdauer ihre Angriffe auf die römische Versorgung und bezogen sie in ihre Abwehrstrategie mit ein; in den Jahren 53-51 v. Chr. entstanden Caesar hier massive Schwierigkeiten. Probleme gab es auch bei der Wasserversorgung, bei einer täglichen Verbrauchsmenge von etwa 500 000 l. Hier lag bei der Bemessung der Märsche und Errichtung der Lager ein nicht unwesentlicher Kalkulationsfaktor.“ [9]

Zum Getreidebedarf: „Im allgemeinen mußte der Soldat mit 1 kg Mehl am Tag auskommen [10]; es reichte für die zwei Mahlzeiten, das prandium (Frühstück) und die cena (Hauptmahlzeit) und bildete die Grundnahrung. Es wurde zu einer Art Brot verbacken oder zu einem mit Öl, Salz, Wasser (gelegentlich Milch) gekochten, warmen Brei (puls), verwendet. Wichtige Zusatznahrung erbrachten die in großen Mengen erbeuteten Schlachttiere (pecus). Legumina (Hülsenfrüchte, Gemüse) waren nicht beliebt und dienten nur als Ersatz in Notsituationen; als lebenswichtig galt Salz.“ [11]

Disziplin

„Der Grundsatz der militärischen Disziplin hatte unter den Nobiles den ersten Rang, und, obwohl er durch die Familienstruktur im Prinzip niemals gefährdet war, wurde er doch mit unerhörtem Nachdruck immer wieder bewußt gemacht. Als im Jahre 280 v. Chr. eine ganze römische Legion, die als Besatzung in die griechische Stadt Rhegion gelegt worden war, meuterte, sich der Stadt und des Eigentums der Bürger von Rhegion bemächtigte und einen Räuberstaat gründete, konnte sich der Senat wegen des Pyrrhuskrieges zunächst nicht um die Insubordination kümmern; aber man vergaß die Angelegenheit nicht. Nach dem Ende des Krieges wurde die Stadt Rhegion erstürmt, alle Meuterer, die dabei nicht umgekommen waren, nach Rom gebracht und auf dem Forum hingerichtet (270 v. Chr.). Mit ähnlicher Härte reagierte man auf die Aufweichung der Disziplin infolge von Niederlagen. Die völlig demoralisierten Truppenreste, die der furchtbaren Niederlage von Cannae (216 v. Chr.) entkommen waren, ließ der Senat trotz des Verlustes der gesamten Feldarmee während des ganzen Krieges nicht mehr an den militärischen Operationen teilnehmen; sie wurden zu Schanzarbeiten nach Sizilien geschickt und blieben dort trotz flehentlicher Bitten um Einsatz bis an das Ende des Krieges. Die entehrende Strafe begründete der Senat damit, daß diese Soldaten ihre Kameraden bei Cannae im Stich gelassen hätten (sie hätten also sterben sollen).“ [12]

Zur Aufrechterhaltung der Diszplin wurde sogar das Dezimieren eingesetzt: „Brach im Heer eine Meuterei aus, so bestimmte der Oberbefehlshaber durch Los jeden 10. Mann der meuternden Gruppe zur Hinrichtung. Für die übrigen Aufwiegler waren schlechtere Rationen die Strafe. Häufig wurden die dem Tode Verfallenen, um die Schande zu vergrößern, nicht mit dem Beil (s. decollatio), sondern mit Knüppeln getötet (Tac. ann. 3,21).“ [13]

Die Feldzeichen

„Feldzeichen der gesamten Legion war die silberne oder versilberte aquila, der Adler mit ausgebreiteten, zum Aufflug erhobenen Flügeln, befestigt auf einer silberbeschlagenen Stange mit spitzem Metallschuh. Ihn trug in der 1. Kohorte der aquilifer, dessen Tapferkeit von entscheidender Bedeutung sein konnte. Der Verlust des Adlers galt als Schande [14] für die Legion und zog für den etwaigen Schuldigen schwerste Bestrafung nach sich. Im Lager wurde die aquila im Heiligtum des Praetoriums aufbewahrt.“ [15]

Anmerkungen

1) Nach Heinrich Krefeld „Res Romanae“, 9. Aufl., Frankfurt/M. 1968, S. 50.
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2) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 208-211
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3) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 208-209
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4) Nach „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 227 wurden dabei bis zu 40 km zurückgelegt.
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5) Heinrich Krefeld „Res Romanae“, 9. Aufl., Frankfurt/M. 1968, S. 53-54
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6) So Jochen Bleicken „Die Verfassung der Römischen Republik“, 3. Aufl., Paderborn 1982, S. 159. Anders Hermann Bengtson „Geschichte der Alten Welt“, Frankfurt am Main 1989, S. 41: „Die Assyrer errichteten auf ihren Feldzügen Standlager, die durch Mauern und Türme gesichert wurden und wie die Vorläufer der römischen Legionslager erscheinen.“
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7) Heinrich Krefeld „Res Romanae“, 9. Aufl., Frankfurt/M. 1968, S. 54-55
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8) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 224
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9) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 217-218
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10) 1 kg Vollkornschrot hat etwa 3000 kcal, 1 kg Weizenmehl (Type 405) 3320 kcal.
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11) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 218
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12) Jochen Bleicken „Die Verfassung der Römischen Republik“, 3. Aufl., Paderborn 1982, S. 170
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13) Konrat Ziegler/Walther Sontheimer (Hrsgg.) „Der Kleine Pauly“, München 1979, unter „decimatio"
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14) Dies lässt sich auch an Augustus‘ Bemühungen zur Wiedererlangung der bei Carrhae verlorenen Feldzeichen ablesen (siehe hier).
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15) Aus: „Caesar, Bellum Gallicum“, Paderborn 1978, S. 213
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URI dieser Seite: <http://www.ewetel.net/~martin.bode/Heer.htm>, zuletzt geändert: 18.01.99

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