Methoden

Berathek Methode


Bei der allgemeinen Stakeholderanalyse werden alle dem Projekt nahen stehenden Personen, Personengruppen oder Institutionen erfasst. Für jeden dieser Stakeholder werden dessen Einflüsse, seine Werte, die Wichtigkeit und Einstellung ermittelt und einander gegenübergestellt. Speziell auf den Usability-Prozess fokussiert treten die Einstellungen in den Hintergrund, dafür werden die Nutzer stärker betont.
Das Ergebnis der Stakeholderanalyse wird dazu genutzt, die Nutzer zu gruppierungen und deren jeweiligen Einflusses zu erkennen. Darüber hinaus soll ermittelt werden, wer in dem Usability-Prozess sonst wichtiger Einflussnehmer ist und welche Einstellung er zum Projekt hat. Damit wird ermöglicht, passende Aktionen zu planen, wie Marketingmaßnahmen oder die Art und Weise der Kommunikations- und Informationsübermittlung.


Anwendungskriterien

Die Stakeholderanalyse ist die Grundlage für die Planung einer Nutzerbefragung. Darüber hinaus lässt sich ein Kommunikationsplan erstellen, der es ermöglicht, eine optimierte Kommunikationspolitik festzuhalten. Es soll möglichst nicht aneinander vorbei geredet werden und keine Kommunikationspartner sollen sich übergangen fühlen. Speziell können gegen mögliche Blockaden seitens einzelner Personen, Gruppierungen oder Institutionen frühzeitig geeignete Maßnahmen in die Planung einbezogen werden. Es können auch “Multiplikatoren” identifiziert werden und für eine bessere Kommunikation genutzt werden.

Die Methode bringt besondere Vorteile, wenn
  1. Nutzergruppen identifiziert werden sollen,
  2. Stakeholder mit hohem Einfluss speziell berücksichtigt werden müssen,
  3. negative Stakeholder gezielt angesprochen und überzeugt werden müssen,
  4. Stakeholder die Projektziele besser bewerten sollen,
  5. das Projektklima positiv beeinflusst werden soll.
Die Methode kann negative Wirkungen haben, wenn
  1. alle Stakeholder in gleichem Maße behandelt werden sollen,
  2. die Stakeholderplanung nicht dem Projektverlauf angepasst wird,
  3. die Analyse aus einer sehr subjektiven Sicht von einer Person erstellt wurde.


Voraussetzungen

Das Produkt muss eine klare Zielsetzung und ein organisatorisches Umfeld haben, in dem es umgesetzt werden kann.

Durchführung

  1. Erstelle Bewertungsfaktoren zur Charakterisierung der Stakeholder. Dabei können folgende Kategorien betrachtet und ggf. erweitert werden:
    • Verwendung, wie
      • Ziele, die erreicht werden,
      • Aufgaben, die erledigt werden,
      • Bedürfnisse, die befriedigt werden,
      • emotionales Verhalten,
      • Motivation, das Produkt zu verwenden,
      • besonderes Wissen über die Ziele.

      Achtung

      Hier können auf Grund von Vorurteilen Verzerrungen in der Bewertung entstehen.


    • Erwartungen
      • an das Projekt,
      • an den Projektablauf,
      • an das Projektergebnis.

    • Konfliktpotenzial, wie
      • positive bis negative Einstellungen,
      • Beschreibung des Konfliktpotenzials.

      Achtung

      Hier können auf Grund von Sympathie oder Antipathie bei bekannten Personen Verzerrungen in der Bewertung entstehen.


    • Macht und Einfluss, wie
      • organisatorisch,
      • rechtlich und juristisch,
      • personelle,
      • politisch,
      • auf das Image,
      • finanziell.

      Achtung

      Es kann vorkommen, dass Führungspersonen in ihrem Einfluss überschätzt werden, weil sie eine gewünschte Einstellung dem Projekt gegenüber haben.


      Achtung

      Durch den HALO-Effekt wird oft eine Bewertung des Einflusses mit in die Bewertung der Macht übernommen. Dies führt zu einer Überbewertung der Macht.




  2. Identifiziere die Stakeholder. Stelle dir für jede Projektphasen folgende Fragen, um mögliche Stakeholder zu identifizieren:
    • Wer profitiert von der Nutzung des Produktes?
    • Wer kann die Ergebnisse der Projektphase bewerten oder testen?
    • Was ist das Ziel und wer partizipiert davon?
    • Wer könnte etwas gegen das Ziel haben?
    • Wer könnte Bedenken äußern?
    • Wer ist fachlich involviert?
    • Wer arbeitet fachlich mit?
    • Wer arbeitet strategisch oder leitend mit?
    • Wer legt an welcher Stelle Regeln fest?
    • Welche öffentlichen Stellen sind involviert?
    • Gibt es Zulieferer oder externe Dritte, die zuarbeiten?
    • Welche Stakeholder sind aus anderen Projekten bereits bekannt, die auch in diesem Projekt auftauchen?
    • Welche Gesetze und Verordnungen müssen eingehalten werden?

    • Tipp

      Die Stakeholderanalyse kann im Team durchgeführt werden, in dem man eine große "Zielscheibe" mit 4 Kreisen aufhängt. Der innerste Kreis repräsentiert das System. Nach außen folgen die Kreise für die primätern, die sekundären und noch weiter außen der Kreis für die sonstigen Stakeholder.


      Tipp

      Das Durchspielen der Stakeholder-Identifizierung im Team führt meist zu längeren Listen. Die Identifikation sollte allerdings auch der einzige Punkt der Stakeholderanalyse sein, der mit dem Team erarbeitet wird.


      Tipp

      Interne Stakeholder sind Menschen, Gruppen, Abteilungen, die aus dem direkten Umfeld des Projektes stammen, das können sein:

      • interne Auftraggeber,
      • Manager, Vorgesetzte oder die eigene Geschäftsführung,
      • Mitarbeiter im Unternehmen,
      • Mitarbeiter im Projektteam,
      • Betriebsrat oder vertretene Gewerkschaften.

      Tipp

      Externe Stakeholder sind Beteiligte oder partizipierende Personen, Gruppen, Institutionen, die nicht aus dem unmittelbaren Umfeld stammen, das können sein:

      • Nutzer,
      • externe Auftraggeber,
      • Lieferanten,
      • Gesellschaft und Politik,
      • Staat bzw. aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebungen,
      • Dienstleister und Subunternehmer,
      • Anwohner am Projektstandort,
      • Vereine und Verbände,
      • Lobbys.

  3. Gruppiere und dokumentiere die Stakeholder. Wenn es sich um formelle Gruppen handelt, gilt der jeweilige Leiter als Ansprechpartner. Bei informellen Gruppen könnten informelle Führer aufgenommen werden, meist steht aber eine Gruppenbezeichnung im Vordergrund.
    Es sollten mindestens folgende Angaben dokumentiert werden:
    • Name
    • Kontaktdaten
    • Rolle
    • intern oder extern
    • Einstellung, ob positiv oder negativ

    Tipp

    Sollte die Liste unübersichtlich werden, sollte eine Klassifizierung wie beispielsweise in “Nutzer”, “Kunde”, “externes Projekt”, “internes Projekt” erfolgen.


    Achtung

    Diese Liste enthält sensible Daten, die nicht jedem zugänglich gemacht werden sollten.


  4. Bewerte die Stakeholder. Um die Kommunikation mit den Stakeholdern zu differenzieren sollten die Stakeholder in drei Gruppen eingeteilt werden:
    • Stakeholder mit hohem Einfluss und der das Projekt stark unterstützt (Partizipativer Umgang):
      Er wird aktiv in das Projekt und in Entscheidungsfindung einbezogen, regelmäßig informiert und arbeitet aktiv an der Projektgestaltung mit. Hier müssen auch die Nutzer eingeordnet werden, in dem sie z.B. durch Personas oder andere Stellvertreter repräsentiert werden.
    • Stakeholder mit niedrigem Einfluss und der das Projekt mäßig unterstützt (Diskursiver Umgang):
      Er wird aufgrund des fehlenden Einflusses nicht ganz so behandelt, wie die erste Gruppe. Die jeweiligen Meinungen werden jedoch wohlwollend aufgenommen und bestmöglich verarbeitet. Es besteht aber keine dauerhafte Beteiligung an der Projektgestaltung. Aktivitäten können Beteiligungen an Umfragen oder die Einladung zum Austausch sein.
    • Stakeholder der gegen das Projekt eingestellt ist und hohen Einfluss hat (Restriktiver Umgang) oder niedriger Einfluss hat (Repressiver Umgang):
      Es sollte versucht werden, ihn durch gezielte Maßnahmen umzustimmen. Solange das nicht erreicht wurde, arbeiten er nicht aktiv am Projekt mit, sondern erhält lediglich Informationsrechte. Das können Statusmitteilungen, Projektberichte oder Newsletter sein.



Beschreibung des Produktes

Es entsteht eine Liste der Stakeholder und eine Stakeholder-Map.
Zusätzlich können die Stakeholder in einem 2x2-Graphen angeordnet werden. In der horizontalen wird nach Unterstützern / Gegenern unterschieden. In der vertikalen wird nach Einfluss wenig / viel aufgetragen. Die Größe der Markierung gibt die Wichtigkeit für den Projekterfolg wieder. Kategorien können durch Farbe markiert werden.

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