Nur Baby fliegen ist schöner

Edmund Schneider

Das Dorf Grunau

Rücktransport am Südhang

Grunau 9 vor der Halle auf dem Galgenberg

Wiesenbausde

Start am Südhang

Motor-Baby



Die Geschichte des Grunau-Baby´s - Teil 1

 

EDMUND SCHNEIDERS SCHÖPFUNG

In    den   Weihnachtsferien 1930/31 sind drei  Mitglieder der Akademischen Fliegergruppe an der  Deutschen Technischen Hochschule in Prag (Primavesi,  Kleinhans und Löbbert) per Ski von Trautenau über das  Riesengebirge nach Hirschberg gefahren, um im Nachbarort  Grunau den Segelflugzeugbau Edmund Schneiders  aufzusuchen. Auf der Helling lag das erste Baumuster das  Baby 1.
Edmund Schneider hatte die Bedarfslücke  erkannt. Ein für den  kleinen Geldbeutel  erschwingliches Fluggerät. Er entwickelte ein  Segelflugzeug, welches einen guten  Kompromiß zwischen  Preis  und Leistung darstellen sollte und von vornherein  auch für den Gruppennachbau gedacht war. So entstand im  Winter 1930/31 das Grunau Baby 1.
Es war auf den  Erfahrungen der Wiesenbaude aufgebaut und wurde von Paul  Steinig eingeflogen. Er beschreibt diesen Erstflug in  dem Kapitel “Kleines Baby ganz groß”
 “Endlich war  es soweit, daß der neue Vogel eingeflogen werden sollte.  Als Fluglehrer der Segelflugschule Grunau war ich  persönlich schon seit langem dafür vorgesehen und  mächtig  gespannt, wie wohl alles funktionieren würde.   Die große Erwartung, die vor jedem Jungfernflug steht,  hatte auch mich erfasst. Zwar war alles genau erwogen  und geprüft, aber von der Luft getragen war das neue  Baby eben noch  nicht.:
Das  sollte jetzt geschehen. Man hatte das Flugzeug an den Südhang  gebracht und dort Zusammengebaut. An dem Waldrand, von dem  aus die Flugschüler mit ihren Gleitern zur  A-Prüfung (30 Sek.  Geradeausflug) gestartet wurden, stand nun das Baby und sollte  zeigen, was es leistet.
Es ging alles reibungslos. Vom  Start weg glitt der blanke, schmucke Vogel aus  Sperrholz, Leim  und Leinwand ruhig über die Wiesen dahin und wollte gar nicht  mehr herunter. Er flog wohl 3-4 mal so weit wie die  Schulgleiter, weil das Gelände ja immer noch etwas  Gefälle  hatte, was dem Baby eben genügte. Alle waren zunächst  zufrieden mit dem Erfolg. Aber das neue Baby sollte ja noch  mehr zeigen. Wie würde  es segeln? Wenn ich mich noch recht erinnere, drehte noch am  gleichen Tage der Wind nach Süd-Westen, die Richtung für den  Grunauer C-Hang. Auch an Stärke hatte er   zugenommen. Was lag  schon näher, als es mit dem neuen Baby einmal zu versuchen?  Ich machte mich also startfertig und fkog über den Nordhang hinweg zum C-Hang, an dem ich auch sofort mühelos  Höhe  gewann und bald in 200-300m Höhe über den Kamm lustig hin und  her pendelte. Der erste Stundenflug mit dem Täufling mußte  doch sofort absolviert werden. Es war wohl kaum eine  halbe  Stunde verflossen, als ich unter mir noch ein Flugzeug segeln  sah. Ein Flugzeug vom Typ Falke war es. Ganz klar, daß ich mit  ihm in Konkurrenz treten mußte. Das war ja die  Gelegenheit,  auf die ich im Stillen gewartet hatte, nämlich sichtbar zu  machen, was das Baby leisten konnte.
Jedoch zu  einem Zweikampf kam es gar nicht. So sehr sich der Falke  abmühte an mein Baby heranzukommen, es gelang ihm  nicht. Zumindest die Sinkgeschwindigkeit des neuen Baby war  eindeutig geringer als die des Falken. Er fand wohl auch kein  Gefallen daran,  immer nur unter mir 'herumzukrebsen' und  flog bald wieder zur Halle am Südhang zurück,nachdem es für  ihn aussichtslos aussah. Als ich meine erste Stunde abgeflogen  hatte, kehrte ich gleichfalls zum Süd- hang zurück. Dort  erfuhr ich das Wolf Hirth im Falken geflogen war. Ihn hatte  gleich, nachdem er gehört hatte, daß das neue Baby am C-Hang  segelte, ein Vergleichsfliegen mit anderen bei der Schule  verwendeten Segelflugzeugen interessiert. Er war  sofort auf den Galgenberg gekommen und im Falken  gestartet.
So hatte das Grunau Baby 1 mit seinem ersten  Flug auch gleich den ersten Schritt ins Rampenlicht  getan.  Sein weiteres Gedeihen schien gesichert. Trotzdem wurde diese  Erstausführung nicht sehr alt, und aus dem Baby 1 wurde bald  ein Baby 2. Es sollte eben noch besser sein."

Das Baby l ist beim  Rhön Segelflugwettbewerb zu Bruch gegangen. Als Ursache wurde  festgestellt, daß die Verbindung zwischen Rumpf und Tragflügel  bei hoher Geschwindigkeit  den  Torsionskräften nicht  standhielt.

Die  Dimensionierung der Festigkeit dienender Bauteile erfolgte  seinerzeit empirisch nach dem Ermessen bzw. der Erfahrung der  Konstrukteure bzw. Erbauer der Fluggeräte. Sie war  nicht durch  statische Berechnungen abgesichert.
Edmund Schneider zog  aus dem Unfall die einzig richtige Konsequenz, er beauftragte  den jungen Breslauer Ingenieur Emil Rolle, der auch  maßgeblich  an der Entwicklung des Motorbaby beteiligt war, mit ihm diese  Lücke zu schließen. Emil Rolle zeichnete eine Diagonale, die  sich hervorragend bewährte.
Gemeinsam  legten sie die  Statik  des Baby auf 8-fache Sicherheit aus. Seitdem ist kein  Flächenbruch bei einer Schneider-Konstruktion mehr  vorgekommen. So entstand das Grunau Baby 2 mit 13,5 m  Spannweite.

Wolf  Hirth ist oft als der Schöpfer des Grunau Baby erwähnt worden.  Schneider selbst hatte in einem Prospekt seines  Segelflugzeugbauunternehmens geschrieben, daß das Baby unter  Mitwirkung von Wolf Hirth entworfen worden sei. Dies aber, nach Aussage seines Sohnes Harry,
“.. um Flugzeuge  besser verkaufen zu können. Da mein Vater noch keinen Namen  hatte,  aber Wolf Hirth Leiter der Segelflugschule Grunau  war".
Die Flugzeuge standen dort durch ihren ständigen  Einsatz gewissermaßen laufend in Erprobung und in enger   Zusammenarbeit mit der Schule, wurden die in der Praxis  gemachten Erfahrungen jeweils eingebaut. Dies ist aber später  überbewertet worden und in der Folge nannte die  Literatur zum Teil  Wolf Hirth als den Konstrukteur. Das Baby war schon fertig als  Wolf Hirth es zum ersten Mal sah. Zweifelsohne sind aber die  Erfahrungen aus dem praktischen  Schulbetrieb Wolf Hirths', dem  Serienbau Schneiders zugute gekommen.
Dies sagen auch  übereinstimmend Hanna Reitsch, geboren in Hirschberg, in ihrem  Buch “Fliegen, mein Leben"  und ein Aufsatz von Wolf Hirth selbst über die Segelflugschule Grunau im “Schlesischen  Heimatkalender" von 1959:
“Der Flugzeutyp, der den Namen Grunau aber wirklich in die ganze Welt  trug, daß  war das von Schneider seit 1931 entwickelte Grunau Baby".
Der  bescheidenen Art von Edmund Schneider gebührt diese  Klarstellung.
Das Grunau  Baby war bald  Inbegriff von  sicherem und gutmütigem  Flugverhalten, bewies aber auch durch außergewöhnliche  Flugleistungen, wie z.B. den Dauerflugweltrekord von 36,5 Std.  am 3. und 4.August 1933  auf dem selbst erbautem Grunau Baby l  durch Kurt Schmidt in Korschenrub bei Königsberg oder den  Höhenweltrekord von 2200 m am 17. Februar 1934 durch Hanna  Reitsch, seine ausgereifte Tauglichkeit. Infolge seiner geringen Spannweite war  das Baby auch für die Kunstflugschule hervorragend geeignet. Wolf Hirth sagt dazu:
“Ich habe auch schon 30  Schüler im Grunau Baby II die ersten Kunstflüge machen lassen  und kann heute ohne jedes Unbehagen zusehen, wie die Anfänger  in den unmöglichsten  Stellungen in der Luft herumpusseln. Ich  weiß ja, daß Baby fällt immer wieder auf die Nase. Die Maschine kommt nur gewollt ins Trudeln und geht sofort wieder aus dieser Lage heraus."
Auch der 2. Weltkrieg brachte Deutschland wieder ein Flugverbot (wie nach dem 1. Weltkrieg).  Diesmal ließ es dem Segelflug keine unbedachte Lücke wie 1918.
Nach der Wiederzulassung Deutschlands  zum  Luftverkehr schuf  Edmund Schneider 1951 in Mühlhofen am Bodensee das Grunau Baby 3. Er hatte die Konstruktion modernisiert, die  Kabinengeräumigkeit verbessert, die  Leitwerksgeometrie noch   wirkungsvoller abgestimmt und zu der kürzer gewordenen  Eschenkufe ein Zentralrad vorgesehen. Unter der zeichnerischen  Ausführung durch seinen Sohn Harry wurde der Bauplan erheblich  übersichtlicher gestattet, was sich auch als starke Verringerung des Bauplan-Umfanges von über 70 auf 39 Bogen DIN  A1 auswirkte.
Schleicher baute diese Konstruktion in Lizenzbau und Schneider vergab den Bauplan auch wieder an  interessierte Luftsportgruppen. Lizenzgebühr damals DM 90,00. Geschätzt 5000 Exemplare  Grunau Baby 1, 2, 2b und 3 sind  gebaut und erfolgreich im Schulbetrieb eingesetzt worden. Damit ist dieser Typ, daß am häufigsten gebaute und von seiner  Verbreitung und Popularität  herbekannteste  Übungs-Segelflugzeug überhaupt.


Das  Grunau Baby war in allen Versionen eine einfach aufgebaute und  solide Konstruktion aus Kieferleisten, Sperrholz und Leinwand.   Es war wahlweise mit Kaurit oder Kasein Leim zu verarbeiten,  wobei Exemplare mit der letztgenannten Substanz nur bei sehr  guter Lagerung die Jahre bis heute überlebten.


(Text  und Bilder Auszug aus Broschüre und CD-Rom Grunau - Baby ,  anläßlich des Baby-Treffens 2001 in Erfurt Alkersleben,  überreicht von


Ben B. Schenk
www.grunaubaby.nl