Methoden

Berathek Methode


Formlose Kritik an präsentierten Designs ist oft wenig hilfreich. Häufig werden dabei allgemeine Aussagen getätigt, aus denen keine konstruktive Verbesserung für das vorgestellte Design hergeleitet werden kann. Es fehlt an Vertrauen auf beiden Seiten. Der Kritiker überspitzt die Kritik oft, um auf der Sachebene nicht angreifbar zu sein. Er weiß ja nur zu gut, dass sich der Designer mit dem Problem sehr viel besser beschäftigt hat. Der Designer kann dann diese überspitzte Kritik nicht akzeptieren, da er darin nicht mehr den eigentlichen Kern der Kritik erkennt.
Bei einem eingespielten Team mit wechselnden Rollen kann dieses Problem gemildert werden. Hier setzt die Methode Design Critique Sessions an. Es wird nicht nur auf ein festes Team sondern darüber hinaus auch auf einen festen Rahmen gesetzt. Nur die Rollen wechseln. Damit wird verhindert, dass die Diskussion immer nur in eine Richtung erfolgt und einseitig wahrgenommen wird.
Eine Design Critique Session wird von einem festen Team von Design- und Usability-Profis durchgeführt. Sie treffen sich jede Woche 30 Minuten lang, um Kritik zu einem Design abzugeben. Normalerweise sind es etwa sechs Personen in einer Kritik-Sitzung, die unterschiedliche Rollen haben.
  • Der Vortragende stellt seine Arbeit vor.
  • Ein Moderator moderiert die Diskussion und schreibt wenn nötig ein Protokoll.
  • Drei bis fünf Kritiker geben Feedback.
Die Rollen wandern in der Gruppe, so dass jeder Teilnehmer alle 4 bis 6 Wochen eine Kritik erhält.


Anwendungskriterien

Die Methode bringt besondere Vorteile, wenn
  1. eine Gruppe von Designern und Usability Experten sich zusammenfinden kann.
  2. in der Gruppe an ähnlichen Aufgaben gearbeitet wird.
Die Methode kann negative Wirkungen haben, wenn
  1. keine gemeinsame Arbeitsgrundlage im Team gefunden wird.
  2. unterschiedliche Interessen im Team nicht aufgelöst werden können.


Voraussetzungen

Eine festes Team von Designern und Usability Experten wird zusammengestellt. Die Teilnehmer sollten ähnliche Aufgaben haben, damit auf einem hohen Niveau effizient diskutiert werden kann. Wenn das Team fest bleibt, kann eine breite Vertrauensbasis entstehen. Dies wird auch durch die wandernden Rollen befördert. Jeder Teilnehmer soll in der Folge seine eigenen Designs vorstellen. Unter den Teilnehmern wird eine Zeit und ein Ort für ein Treffen abgestimmt, welches einmal in der Woche für ca. 30 Minuten stattfindet. Kritik zu einem Design sollte immer schnell erfolgen. Das ist wichtiger als eine aufwendige Analyse, die mehr Zeit in anspruch nimmt. Daher ist es sinnvoll, sich lieber öfter und dafür kürzer zu treffen.


Durchführung

  1. Das Team bestimmt ein Design für das nächste Treffen. Jeder Teilnehmer kann einen Vorschlag in die Gruppe schicken. Das kann eine Arbeit sein, an der er gerade Arbeitet und Feedback wünscht. Es kann auch etwas sein, was ihm schon lange auf der Seele liegt und durchgesprochen werden sollte. Das Team einigt sich dann informell auf das Thema des nächsten Treffens.

    Tipp

    Es sollte nur ein Thema in einer Session besprochen werden, da sonst die Zeit zu knapp werden könnte. Auch die aufgebrachte Kritik ist dann fokussierter.


  2. Der Teilnehmer von dem ausgewählten Thema stellt ein Kritikbriefing zusammen. Das Kritikbriefing wird einen Tag vor der Sitzung an die Teilnehmer verteilt. Die Teilnehmer können sich im Vorfeld mit der Problematik auseinandersetzen und Gedanken dazu machen. Das Design Critique soll von fundierten Argumenten getragen werden. Die Erstellung des Kritikbriefings sollte nicht länger als 10 Minuten in Anspruch nehmen. Damit bleibt der Aufwand im Rahmen.

    Tipp

    Das Kritikbriefing kann folgenden Punkte enthalten 1. Thema 2. Beschreibung der Erfordernisse des Nutzers, die mit dem Design gelöst werden sollen 3. Beschreibung des Designs 4. Beschreibung der erkannten Unzulänglichkeiten der Lösung


  3. Bestimme einen Moderator in der Session. Dieser führt die Diskussion und sollte sich mit Kritik zurückhalten, da er den Verlauf der Diskussion überparteilich beurteilen und lenken soll. Er stellt sicher, dass die Session beim Thema bleibt und in der vorgegebenen Zeit durchgeführt wird. Wenn vom Team gewünscht, führt der Moderator ein Protokoll.

    Tipp

    In den ersten Sitzungen kann es hilfreich sein, die Verteilung der Rollen zu visualisieren. Dies kann z.B. durch Figuren oder Karten erfolgen, die vor den Teilnehmern liegen.


  4. Der Vortragende stellt kurz sein Kritikbriefing vor. Da die Teilnehmer der Session sich dieses schon angesehen haben, kann die Vorstellung sehr kurz gehalten werden. Der Vortragende hat aber dadurch die Möglichkeit, einige Dinge genauer zu beschreiben oder besonders hervorzuheben.

  5. Der Moderator führt die folgende Diskussion. Er hat dabei darauf zu achten, dass auch stille Personen ausreichend zu Wort kommen, die Diskussion beim Thema bleibt und die Session rechtzeitig beendet wird. Wichtig ist, dass der Vortragende im Nachgang zur Session neue Ideen entwickeln und Verbesserungen an seinem Design vornehmen kann.

    Tipp

    In der Design Critique Session sollten keine Beschlüsse zur Änderung des Designs beschlossen werden. Die Hoheit über das Design bleibt beim Vortragenden. Die Kritik soll nur als Anregung für ein besseres Design verstanden werden.


  6. Der Moderator bedankt sich bei den Vortragenden und den Teilnehmern.

    Tipp

    In den letzten Minuten kann das Thema der nächsten Session festgelegt werden.


  7. Der Moderator verteilt das Protokoll an das Team.



Beschreibung des Produktes

Eine Reihe von Kritikbriefings und gegebenenfalls zugehörige Protokolle der Sessions.

Methoden, die dazu passen

Inspiriert von Introducing Design Critiques to large UX organizations.
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