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Vegetative Vermehrung
 
Viele Pflanzen bieten die Möglichkeit, Ableger, Seitentriebe, Wurzel- oder Blattstecklinge zur vegetativen Vermehrung zu nutzen. Erdorchideen sind da keine Ausnahme, wie bei den folgenden Beispielen deutlich wird:
  • Erdorchideen mit Rhizomen (z.B. Arten von Epipactis, Calanthe, Cypripedium) bilden weitere Triebe aus, weil das Rhizom sich verzweigt.
  • Blattstecklinge von z.B. Ludisia discolor wachsen zu neuen Pflanzen heran.
  • Pleionen bilden manchmal mehrere neue Knollen und etliche Arten produzieren einige bis viele kleine Bulbillen.
  • Ophrys bombyliflora und Orchis champagneuxii ("Dreiknollenknabenkraut"!), Stenoglottis, Pterostylis, aber auch viele Serapias-Arten wachsen in kleineren oder auch größeren Gruppen, weil sich unterirdisch mehrere Knollen pro Wachstumsperiode bilden.
  • Immergrüne Disas bilden nach der Blüte Adventivtriebe
Zur künstlichen Vermehrung von Erdorchideen sind daher solche vegetativen Erscheinungen bestens geeignet und sind auch ohne großen Aufwand erfolgversprechend.
 
Links: Verzweigte Rhizome mit guten Triebknospen können in der Ruhezeit geteilt werden. Das Teilstück wird mit einer Schere abgeschnitten und sollte bereits eigene Wurzeln aufweisen.
Rechts: Kräftige Erdorchideen mit Wurzelknollen können mehrere Knollen ausbilden und vermehren sich so regulär auch ohne Eingriffe.
 
Mithilfe von Manipulationen an den Pflanzen können jedoch auch solche Arten von Rhizom- oder Knollenorchideen vermehrt werden, die in der Regel nur einen Trieb oder eine Knolle pro Wachstumsperiode ausbilden und nicht von Natur aus zur selbständigen Vermehrung neigen (z.B. die meisten Ophrys, Orchis, Thelymitra, Diuris). Diese Manipulationen nutzen aus, dass neben der sich entwickelnden Triebanlage für das Folgejahr stets weitere "schlafende" Meristeme oder Augen vorhanden sind, die zu aktiven Wachstum gebracht werden können.
 
Bei Rhizomorchideen kommt es gelegentlich vor, dass der neue Trieb abfault oder durch Schädlinge (z.B. Mäusefraß) verloren geht. Solange das Rhizom selbst gesund ist, wird ein schwächerer Ersatztrieb gebildet und die Pflanze kann so überleben. Zur künstlichen Vermehrung reicht es in der Regel, ein bewurzeltes älteres Teilstück abzutrennen und weiterzukultivieren. Die vorhandenen Reserve-Triebanlagen an dem Rhizomstück werden bei guter Pflege austreiben und im Laufe von ein, zwei Jahren erstarken.
Für diese Methode sollten nur kräftige und gesunde Pflanzen ausgewählt werden, damit der Erfolg auch sicher ist. Die zu winzigen Rhizomabschnitten zerstückelten Cypripedienpflanzen, die ich manchmal sehe, haben da weniger Chancen, alles gut zu überstehen.
 
Bei den Knollenorchideen kann man sich ein ähnliches Prinzip zunutze machen. Bei Verlust der neu angelegten Knolle kann eine kräftige Pflanze leicht noch eine Ersatzknolle aus ruhenden Augen bilden, bevor die Ruhezeit beginnt. Durch Abtrennen der Infloreszenz und der Knolle wird dieser Prozeß künstlich angeregt und optimiert.
 
Der Blütenstand der Pflanze wird abgeschnitten, sobald er sich zeigt.
 
Wenn die Infloreszenz entfernt wird, sobald sie in der Rosette erscheint, kommt die Energie weitgehend den Knollen zugute. Zu der Zeit, wenn die Pflanze blühen würde, ist die neue Knolle weitgehend fertig ausgereift. Nun wir die Manipulation (Abtrennen der neuen Knolle) vorgenommen:
 
Neuaustrieb einer Sekundärknolle
 
Nach Abtrennen der bereits gebildeten Tochterknolle (primäre Knolle) treibt die  Pflanze aus einem Reserveauge einen Ersatztrieb. Dieser ist auf den beiden Bildern oben zwischen den linken Wurzeln zu sehen, rechts ist der Stumpf des durchtrennten Stolons verblieben. Die abgetrennte primäre Knolle kann dann direkt mit der Ruhezeit beginnen.
 
Sekundärknolle weitgehend entwickelt
 
Nach wenigen Wochen hat sich, wenn die Pflanze möglichst lange grün gehalten wird, eine neue (sekundäre) Ersatzknolle gebildet. Sie sitzt immer direkt - ohne Stolonenbildung - an der alten Knolle. Nachdem die Blätter vollständig eingezogen sind, vergeht die Vorjahresknolle und die sekundäre Knolle geht in die Ruhezeit. Im Herbst werden alle Knollen wieder austreiben:
 
Primäre und sekundäre Knollen mit Austrieb im folgenden Herbst
 
Die in 2004 an Pflanzen von Ophrys speculum durchgeführte Knollenabtrennung ergab mit dieser Methode eine Verdopplung der Knollen, die im folgenden Wachstumszyklus normal austrieben.
 
Andere Methoden der Knollenmanipulation sind in der Literatur beschrieben worden, sind aber nach meiner Erfahrung nicht so sicher anzuwenden wie die oben beschriebene Variante. Bei einigen Erdorchideen (Dactylorhiza, Platanthera) ist es sogar oft möglich, zwei- bis dreimal Knollen abzutrennen und so innerhalb einer Saison den Bestand im besten Fall zu vervierfachen.
 
Probleme, die abgetrennten Knollen zu verlieren, können auftreten, wenn diese noch nicht genug ausgereift waren und sehr schnell Wasser verlieren. Sie schrumpfen und faulen dann schnell und erfordern etwas Aufsicht.
 
Die Methode vergrößert einen Bestand zunächst langsam, aber dann schließlich in wenigen Jahren doch ergiebig.