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Über Erdorchideen
 
Links: Aceras anthropophorum am Naturstandort bei Göttingen, Mitte: Diuris magnifica-Standort in Westaustralien, Rechts: Cypripedium pubescens im Topf
 
Unter Erdorchideen kann man verschiedene Dinge verstehen. Für mich sind das Orchideen, die augenscheinlich im Erdboden wachsen und in der Regel unterirdische Speicherorgane (Rhizome oder Knollen) besitzen, mit denen sie Kälte oder Hitze überdauern können. Manchmal sind die Speicherorgane auch an der Erdoberfläche sichtbar (Pleione, Stenoglottis), dann handelt es sich oft um Orchideen, die auch halbepiphytisch vorkommen oder in Moos- und Humusnestern wachsen. Durch die Anpassungen an kalte Winter oder Sommertrockenheit haben Erdorchideen die kühleren Regionen der Erde (gemäßigte Breiten bis zu den Polarzonen und hohe Lagen der Tropen und Subtropen) besiedeln können.
 
Unterirdische Rhizome von Cypripedium (links) und Knollen von Ophrys (rechts) dienen dazu, die Pflanze durch kalte Winter oder heiße, trockene Sommer zu bringen.
 
Erdorchideen findet man auf allen fünf Kontinenten. Hier besiedeln sie Wälder, Trockenrasen und Ödland, Moore und Sümpfe. Eines haben ihre Lebensräume aber meist gemeinsam: Sie sind nährstoffarm und oft spärlich oder karg bewachsen. Das ist ein Zeichen, dass Erdorchideen am Standort nur geringe Konkurrenz ertragen. Außerdem sind viele Erdorchideen in der Natur verstärkt auf das Zusammenleben mit spezifischen Pilzen angewiesen. Erdorchideen leben daher bevorzugt dort, wo ursprüngliche Biotope erhalten geblieben sind. Selten nutzen sie aber auch auftretende Nischen, nicht selten als Kulturfolger. In Europa findet man zum Beispiel viele Erdorchideen in aufgelassenen Weinbergen oder Olivenhainen. Sie bevölkern aber immer Gebiete, in denen intensive Bewirtschaftung unterbleibt.
 
Nicht jede Thelymitra ist blau (Thelymitra antennifera, links) und nicht jede blaue Erdorchidee ist eine Thelymitra (Cyanicula deformis, rechts), Aufnahmen am Naturstandort in Westaustralien
 
Die Erdorchideen der gemäßigten und mediterranen Klimate unterliegen einem strengen Wachstumszyklus, der den Jahreszeiten angepaßt ist. Viele Erdorchideen haben dadurch nur eine sehr kurze Wachstumsperiode; in Nordeuropa, Kanada, Patagonien kann diese z.B. lediglich 2-3 Monate betragen. Meist stehen aber mehrere Monate zur Verfügung, um zu blühen, Samen anzusetzen und die Wachstumsorgane für den kommenden Zyklus anzulegen, bevor der Frost oder die Sommerhitze hereinbrechen.
 
Unsere einheimischen Erdorchideen wachsen meist im Frühjahr und blühen typischerweise in den Monaten April bis Juli. Ähnlich ist es in den USA und in den nordasiatischen Weiten. Die mediterranen Orchideen müssen aufgrund der warmen und trockenen Sommer unterirdisch übersommern und treiben im Herbst mit einsetzendem feuchten Wetter ihre Blätter. Im Frühjahr wachsen und blühen sie noch schnell, bevor die Hitze kommt. Sie sind also im Winter beblättert und lieben es dann hell. Dieser Rhythmus ist auch bei den meisten australischen und neuseeländischen sowie vielen südafrikanischen Erdorchideen vorzufinden, die in vergleichbaren Klimazonen wachsen.
 
 
Bei der Pflege von Erdorchideen müssen diese oft arttypischen Ansprüche berücksichtigt werden, sonst kann die Kultur nicht gelingen. Selbst Aussaaten von Erdorchideen, die in künstlicher Umgebung in-vitro angezogen werden, halten Wachstums- und Ruhezeiten ein. Daraus ergibt sich schon, dass eine dauerhafte Zimmerpflege vieler Erdorchideen nicht möglich ist. Meine Kulturtips zeigen jedoch auch auf, welche Möglichkeiten es gibt, zumindest zeitweise diese Pflanzen im Zimmer zu halten und zur Blüte zu bringen, wenn man es möchte.
 
Viele Erdorchideen aus höheren Lagen der Tropen zeigen keine typischen Jahreszeiteneffekte, aber ein an Trockenzeiten angepaßtes Verhalten und können so ebenfalls laubabwerfend sein. Die Knollen überdauern dann im Boden, bis wieder Wachstum einsetzen kann (z.B. verhalten sich Ponthieva und Altensteinia aus höheren Andenlagen Südamerikas so bei mir.)
 
In Savannen, Buschland und Steppen Afrikas kommen ebenfalls viele Erdorchideen mit ausgeprägten Wachstumszeiten vor. Sie erleben hier heiße Trockenzeiten, gefolgt von warmen Regenzeiten und bilden so ein typisches Wachstumsmuster aus. Da hier höhere Temperaturen vorherrschen, finden sich darunter auch bedingt zimmertaugliche Erdorchideen (z.B. Oeceoclades, Eulophia), einfach zu pflegen sind aber auch diese nicht.
 
Die Blüten der Erdorchideen sind so vielfältig wie die der ganzen Pflanzenfamilie Orchidaceae. Es gibt Einzelblüten, aber oft finden sich zahlreiche Blüten in lockeren oder walzenförmigen Blütenständen. Die Blüten der meisten Erdorchideen sind, wie die Pflanzen selbst, nicht sehr groß und oft unscheinbar. Andere Erdorchideen imitieren aber mit ihren Blüten ihre bestäubenden Insekten sehr raffiniert, bilden ausgeklügelte Kesselfallen, schleudern Bestäuber aktiv auf die Säule oder haben so attraktive Farben und Formen, dass sie auch für Menschenaugen aufregend anzusehen sind.
 
Links: Ophrys speculum aus dem westlichen Mitelmeerraum, Mitte: Anacamptis longicornu aus dem zentralen Mittelmeergebiet, Rechts: Pterostylis curta x nutans, eine Naturhybride aus Südaustralien