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Generative Vermehrung
 
Unter generativer Vermehrung versteht man die Vermehrung aus Samen. Diese "natürliche" Vermehrungsart ist bei den Erdorchideen, wie überhaupt bei Orchideen, nicht einfach durchzuführen. Der Hintergrund ist, dass die Samen der Orchideen kein Nährgewebe enthalten und eigentlich nur aus dem Embryo und einer aus wenigen Zellen bestehenden Testa besteht. Die Keimung erfolgt in der Natur erst, wenn ein geeigneter Pilz den bereits gequollenen Embryo findet und infiziert. Es bildet sich  eine Gemeinschaft (Mykorrhiza), bei der der Pilz den Embryo mit allen nötigen Nährstoffen versorgt. Es entsteht zunächst eine bei Orchideen typische Vorstufe zur Jungpflanze, das Protokorm.
Auch bei asymbiontischer Aussaat (d.h. steril, ohne Pilze) bilden sich diese Protokorme. Sie besitzen haarartige Rhizoiden, mit denen sie Nährstoffe aufnehmen können. Aus dem Protokorm werden sich in der ersten Entwicklung zur Jungpflanze Blätter entwickeln:
 
Protokorme mit Rhizoiden und Blattaustrieben, ca. 6 Wochen nach der Keimung in-vitro (Dactylorhiza, Anacamptis)
 
Erdorchideensamen aus gemäßigten Breiten haben eine starke Keimhemmung, die durch bestimmte Säuren im Embryo vermittelt wird. Sie zeigen außerdem um den eigentlichen Embryo herum einen undurchdringlichen Panzer (Carapace). Diese Barrieren sind in der Natur nützlich, damit der Samen im Erdboden nicht sofort keimt, sondern erst zur rechten Zeit.
 
In der Praxis der Aussaat verursachen diese keimhemmenden Einrichtungen der Erdorchideensamen gemäßigter Breiten aber enorme Schwierigkeiten, sofern man sie nicht überwinden kann. Die bewährteste Methode zur Vorbereitung der Samen ist die Behandlung mit Natrium- oder Kalziumhypochloritlösung, die je nach Art minuten- bis stundenlang einwirken muss. Durch diese Vorbehandlung wird der Samen auch gleichzeitig desinfiziert, damit anhaftende Bakterien oder Pilzsporen nicht mit auf den Nährböden übertragen werden und dort wachsen. Zusätzliche Einwirkungen von Laugen oder Schwefelsäure sind bei manchen Arten ebenfalls hilfreich, das muss bei hartnäckig nicht keimenden Samen in Versuchen herausgefunden werden. Einige Samen zeigen sich sehr empfindlich gegen alle genannten Chemikalien und oft muss der Samen dann einer unreifen Kapsel entnommen werden oder es müssen sehr geringe Keimraten in Kauf genommen werden. Manchmal bedarf es vor der Keimung auch einer Kältebehandlung der Samen.
 
Andere Erdorchideen zeigen solche starken Keimhemmungen nicht und lassen sich bereitwillig heranziehen. In sehr seltenen Ausnahmen gelingt auch eine Aussaat auf natürlichen Medien (z.B. bei Bletilla striata, Disa uniflora).
 
Die frischen Samen aus den langen Kapseln von Disa uniflora und ihren näheren Verwandten keimen binnen weniger Wochen auf natürlichem Substrat (Weißtorf mit lebendem Sphagnum) und wachsen zu Jungpflanzen heran.
 
Die asymbiontischen Aussaaten erfolgen, wie bei Orchideen im Allgemeinen üblich, unter aseptischen Bedingungen auf sterilisierte Nährböden. Ich übertrage die Samen mittels Impföse, Spatel oder Eppendorfpipette auf die Oberfläche. Gut geeignete Aussaatgefäße sind Petrischalen oder Reagenzgläser. Letztere können, wenn man kein Sterillabor zur Verfügung hat, mit ihren engen Öffnungen auch etwas einfacher (z.B. im Wasserdampfstrom oder neben einer Gasflamme) gut belegt werden.
 
Die meisten Erdorchideen gemäßigter Breiten sind Dunkelkeimer. Licht kann ausgesprochen hemmend oder störend auf die Entwicklung wirken. Die Aussaatgefäße stehen daher dunkel und bei Raumtemperaturen (18 bis 20°C).
Ein Platz in der Wohnung kann dafür sehr gut geeignet sein:
 
Aussaatgefäße im Bücherschrank neben der Orchideenliteratur...
 
Oft nur mit einer Lupe kann in den nächsten Tagen beobachtet werden, wie die Samen aufquellen und danach zu keimen beginnen.
 
Aussaat von Erdorchideen und Bildung erster Protokorme
 
Keimungen setzen in der Regel nach 2 bis 6 Wochen ein, bei manchen Arten dauert es aber auch Monate. Vor der Blattbildung vereinzele ich die Protokorme so, dass sie mehrere Monate Wachstum ohne Enge im Glas machen können. Falls eine Kühlperiode erforderlich ist, bewahre ich die Protokorme für Wochen bis Monate im Kühlschrank bei 2 bis 5°C auf.
 
Nach dem Umbetten auf neuen Nährboden können die vereinzelten Pflanzen Blätter, Wurzeln und Knollen bilden (links Ophrys, rechts Spiranthes)
 
Die Pflanzen wachsen in der Regel etwa ein Jahr in den gewählten Gefäßen, manche weniger, manche mehr. Dann ist der Nährstoffvorrat meist aufgebraucht und die Pflanzen sind groß genug, um auspikiert zu werden. In seltenen Fällen werden sie erneut umgelegt, um weitere Zeit unter sterilen Bedingungen weiterzuwachsen.
 
Das Herausnehmen aus den Flaschen ist für die unter sterilen und stets luftfeuchten Bedingungen gewachsenen Pflanzen die heikelste Phase. Ich sorge dafür, dass sie zu einem günstigen Zeitpunkt auspikiert werden können. Dieser Zeitpunkt ist je nach Gattung oder Art meist mit Ausbildung fertiger Knollen gegeben. Selten können Jungpflanzen auch mal früher in Gemeinschaftstöpfe pikiert werden und beenden dann ihr Wachstum dort mit Ausbildung einer Knolle.
 
 
Problematisch sind Infektionen nach dem Auspflanzen in unsteriles Substrat, sodass ich die Verwendung möglichst mineralischer Substrate bevorzuge (Perlite, Lava, Seramis sind brauchbare Zutaten) und den organischen Anteil sehr gering halte oder sogar ganz weglasse. Ich pflanze immer in Gemeinschaftstöpfe oder -kästen.
Die Luftfeuchtigkeit muss hoch sein, aber Nässe kann sehr schnell zu Fäulnis und Verlust führen. Ich biete den frisch pikierten Jungpflanzen immer gespannte Luft unter Folien und schwaches bis mittelhelles Licht an, damit sie sich optimal etablieren können.
 
 
Dennoch ist, manchmal auch artbedingt, mit hohen Ausfallraten zu rechnen, die auch mal 100% betragen können. Dann bleibt nur ein neuer Versuch, vielleicht mit etwas geänderten Parametern, evtl. erst im darauffolgenden Jahr...